Meyer: "Deshalb spielen wir in der 2. Bundesliga"

Die Pressekonferenz vor dem Heimspiel gegen den HSV

Am Samstag empfängt Eintracht den Tabellenführer Hamburger SV. Verfolgen könnt Ihr die Partie im Fanradio und in unserem Liveticker. Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel sprachen Chef-Trainer Daniel Meyer und Profi Lasse Schlüter über...

… das, was die Mannschaft nach den beiden vergagenen Spielen zu null mitnehmen kann:
Meyer: "Wir haben im defensiven Bereich eine Entwicklung gezeigt. Das war ein großes Thema in der Vergangenheit, weil wir oft nicht die unterlegene Mannschaft waren, uns aber immer selbst geschlagen haben. Der Einbau von Brian Behrendt und eine andere Fokussierung und permanenter Arbeit haben wir eine andere Stabilität entwickelt. Gegen Düsseldorf war das nicht selbstverständlich, man muss aber sagen, dass wir das 0:0 in Würzburg ergebnistechnisch mitnehmen können und auch mit neun Mann die Null zu halten, trotzdem war die erste Halbzeit ein Ausreißer, in der wir mit unserer Leistung nicht einverstanden sind. Das geht so nicht und ist indiskutabel. Wir haben versucht, das aufzuarbeiten und müssen uns damit beschäftigen, wie so eine erste Hälfte zusammenkommt. Meiner Meinung war das Kopfsache: Wir fahren zum Letzten und alle erwarten, dass wir gewinnen. Es ist ein unruhiger Klub und die Mannschaft bekommt es mit, dass es von außen brodelt. Man muss sagen, wir haben in dem Moment dem Druck nicht standgehalten. Wir haben viele Kleinigkeiten verkehrt gemacht. Das war für mich schwer zu korrigieren, denn es hatte sich nicht angedeutet. Wir waren in der Woche vor dem Spiel, im Hotel und beim Warmmachen sehr fokussiert und konzentriert. Das Gefühl hatte auch die Mannschaft, aber manchmal nimmt das Spiel auf dem Platz eine Dynamik und es wird schwer. Ich habe den Jungs gesagt, dass es für mich die Definition von Durchschnitt ist: Gegen gute Mannschaften gut zu spielen und gegen schlechte Mannschaften schlecht. Es ist eine andere Herausforderung, gegen eine Mannschaft zu spielen, die es nicht abverlangt, trotzdem eine gute Passqualität zu haben, trotzdem mutig zu sein und eine andere Intensität vorzugeben und sich selbst alles abzuverlangen. Das ist uns nicht gelungen. So lange wir aber die Ausschläge nach oben gezeigt haben, sieht man, dass die Qualität grundsätzlich da ist. Das Spiel in Würzburg hat sich aber auch da gezeigt, dass wir an einem Tag, an dem wir nicht gut sind, in der Lage sind, einen Punkt mitzunehmen. Würzburg hat uns nicht geschlagen, auch nicht mit zwei Mann mehr. Wenn du solche Spiele nicht verlierst, bleibst du drin. Das gibt uns eine Sicherheit, die wir ins Spiel gegen den HSV mitnehmen wollen, auch wenn dort die torgefährlichste Mannschaft und mit Simon Terodde der torgefährlichste Spieler der Liga kommt."

… das kommende Match gegen den HSV:
Meyer:
 "Der HSV hat den Anspruch, wieder zurück in die Bundesliga zu wollen und sieht sich da, wo er gerade steht: auf Platz eins. Der Kader hat auf allen Positionen eine hohe Qualität und kann sehr variabel spielen. Wir wissen, was auf uns zukommt, und müssen gute Mittel finden, um den HSV zu verteidigen. Die Hanseaten sind wieder in einer guten Phase, wirken sehr stabil. Das werden sie fortsetzen wollen. Für uns geht es darum, die Angriffsmaschienerie einzudämmen, auch wenn wir nicht alles verhindern können. Wir versuchen, sie in ihren Automatismen und Abläufen zu stören und Sand ins Getriebe zu werfen. Wir wollen aber auch selber Angriffe fahren und den Gegner gefährden, auch wenn wir uns dahingehend noch steigern müssen. Wir sind optimistisch und freuen uns auf das Spiel, genau deshalb spielen wir in der 2. Bundesliga. Schade ist nur, dass die Fans nicht dabei sind."

Schlüter: "Es ist im Vorfeld schon ein besonderes Match für mich, im Spiel selbst ist es ein Spiel, wie jedes andere. Es ist ein Spiel, auf das man sich freut, auch wenn es ohne Zuschauer stattfindet. Ich habe die Woche viele Nachrichten bekommen, die mir viel Erfolg wünschen. Sobald das Spiel losgeht, geht es für uns um drei Punkte und dafür alles zu geben. Wir sind auf jeden Fall nicht der Favorit in diesem Spiel. Wir wollen die Stabilität der letzten beiden Spiele beizubehalten, zu steigern und Nadelstiche nach vorne setzen."

… dem Personal für die Partie:
Meyer:
 "Dominik Wydra und Manuel Schwenk sind für die Partie gesperrt. Dazu kommen die Dauerverletzten Felix Burmeister, Benjamin Kessel und Niko Kijewski. Danilo Wiebe ist jetzt wieder ins Training eingestiegen, nur müssen wir vor der intensiven englischen Woche entscheiden, ob wir einen Einsatz von ihm riskieren. Ansonsten hoffen wir, dass auch nach den letzten beiden Einheiten alle zur Verfügung stehen. Ein Problem ist zur Zeit, dass wir keinen Rechtsverteidiger haben und uns die Option der Viererkette genommen ist. Wir haben die Thematik, dass wir dort durch die Verletzungen unterbesetzt sind. Fabio Kaufmann stellt sich dort zur Verfügung, war davor aber unser formstärkster Angreifer. Es ist an jedem Spieltag eine Abwägung und kein guter Zustand, wenn du eigentlich die Leute vorne brauchst und ihn nach hinten setzten musst. Ich hoffe, dass sich diese Thematik bald erledigt, weil Danilo Wiebe wiederkommt und wir anders agieren können. Zur Zeit sind die Alternativen überschaubar."

Mögliche Nachrücker für die Gesperrten:
Meyer: "Bei Dominik Wydra lässt sich das einfach sagen: Wir haben mit Oumar Diakhite einen Innenverteidiger verpflichtet, den wir defensiv einbauen wollen. Durch die Sperre ist die Situation etwas früher da, in der englischen Woche wäre es aber so oder so dazu gekommen. Oumar hat auch schon vorher in der Zentrale der Dreierkette gespielt und kann das Positionsbild abdecken. Brians Integration hat gut funktioniert und er sollte jetzt im Rhythmus sein. Wir können jetzt den nächsten Schritt gehen und Oumar einbauen. Im fehlt etwas die Spielpraxis, aber seine Fitness ist gut und es wird darum gehen, ihn zu integrieren und ihm Spielpraxis zu geben. In der Offensive haben wir viele Optionen, da bin ich noch nicht am Ende meine Überlegungen."

… den Umgang mit dem Respekt der Mannschaft vor dem HSV:
Meyer:
 "Uns ist es schon ein paar Mal gelungen, gegen große Namen gut zu spielen: Im Pokal gegen Dortmund und Hertha, aber auch zuhause gegen Bochum und Düsseldorf haben wir gute Leistungen gezeigt. Im Moment fällt es uns vielleicht ein bisschen leichter, wenn die Druckverteilung eine andere ist. Unter der Woche versuchen wir zu betonen, dass wir uns unabhängig von unserer tabellarischen Situation auf solche Spiele freuen müssen. Deswegen sind wir ja alle hier und spielen in der 2. Liga. Wir sind selbstbewusst und ich mache mir wenig Gedanken, dass wir zu ängstlich agieren."

... die bisherigen Platzverweise in der Saison:
Meyer:
"Es ist eine Bestätigung der These, dass wir an dem Tag mental nicht auf der Höhe waren. Das  darf ja eigentlich nicht passieren: Dominik Wydra haut den Gegenspieler gelbvorbelastet in der gegnerischen Hälfte um, dass passiert im Normalfall nicht. In so einem wichtigen Spiel so die Nerven zu verlieren, ist unerklärbar. Es kann nur daran liegen, dass du hektisch und nicht sortiert bist. Dasselbe gilt für das Foul von Schwenk, der unfassbar viele Sprints gelaufen ist und sich in alles reingeworfen hat. Aber in dem Moment so in den Gegner zu springen, ist ein klarer Aussetzer. Die Art und Weise der Platzverweise in Würzburg ist für mich die Bestätigung, dass wir mental an dem Tag ein Problem hatten und nicht in der Balance waren, die es braucht, um ein Zweitligaspiel zu bestreiten. Beide wissen, dass sie was falsch gemacht haben, die Fouls unnötig war und beide können sehr froh sein, dass die anderen das ausgebügelt haben. Und das waren sie auch. Trotzdem darf uns das nicht passieren."

… die Pläne für mehr Durchschlagskraft nach zwei Spielen ohne eigenes Tor:
Meyer:
 "Das Problem ist uns bewusst: Wir schießen zu wenig aufs Tor und haben zu wenig klare Aktionen. Aber Aue ist auch erst zwei Spieltage her. Aus meiner Sicht war das offensiv mit 14 Torschüssen auswärts hervorragend, wir haben uns viele gute Chancen herausgespielt. Wir dürfen nicht so tun, als ob wir das nicht können oder wir was verlernt haben. Gegen Düsseldorf lag der Fokus einfach sehr stark auf der Defensive, über Würzburg brauchen wir nicht noch einmal sprechen. Wir müssen im Aufbau mehr Mut zeigen und haben mit den Sechsern explizit an diesen Situationen gearbeitet. Wir können das, wir haben das gezeigt. Du gehst entweder auf den Platz und betreibst Fehlervermeidung oder du hast dicke Eier. Und nur das ist der Weg."

... Felix Kroos Wert für die Mannschaft:
Meyer: "Es war in unserer Analyse ein großes Thema. Er ist immer präsent, genau dafür haben wir ihn geholt. Felix kann man auch unter Druck anspielen und er findet über ein, zwei Kontakte immer eine saubere Lösung. Wir haben ihn bereits gegen Düsseldorf häufig übersehen, gegen Würzburg hat sich das fortgesetzt. Es ist schwierig, wenn wir einen so guten Fußballer umspielen, anstatt ihn ins Aufbauspiel einzubinden. Er ist unser bester Fußballer, der am klarsten ist und am wenigsten Fehler macht und die meiste Erfahrung besitzt. Mittel- bis langfristig haben wir eine Idee vom Ballbesitzfußball, wofür er ein extrem wichtiger Baustein ist. Jeder, der weiß, wie meine Mannschaft normalerweise Fußball spielt, weiß, dass wir mehr Ballbesitz haben als die Gegner. In der jetzigen Situation ist es wichtig, Anpassungen vorzunehmen und die Truppe nicht zu überfordern. Das Spiel, was wir im Moment spielen, kommt Felix nicht so super entgegen, er muss extrem viel rückwärts arbeiten und extrem viele Zweikämpfe führen. Er nimmt das an und wirft sich ein, besonders in der Luft. Wir müssen ihn mehr einbinden. Er ist ein Spieler, der unserer Mannschaft Halt gibt."

Fanfragen:
Die blau-gelbe Familie fragt: Lasse, Deine erste Saison war für Dich etwas schwierig, Du hast wenig gespielt. Wie fühlst Du Dich jetzt in deiner neuen Rolle als Starter?
Schlüter:
"Es macht natürlich mehr Spaß zu spielen, als auf der Bank zu sitzen. Auch im letzten Jahr war ein Weggang für mich nie ein Thema, dazu fühlen meine Frau und ich zu wohl hier. Ich habe immer daran geglaubt, dass irgendwann die Chance kommt und dann muss man seine Leistung bringen. Ich denke, dass ich dass gemacht habe und mir meine Einsatzzeiten verdient habe. Ich weiß aber auch, dass man diese Leistung Woche für Woche bestätigen muss."

Die blau-gelbe Datenwelt fragt: Es gab nur ein Tor durch Standardsituationen. Warum sind wir in diesem Bereich nicht gefährlicher?
Meyer: "Das hat verschiedene Ursachen. Wenn man das beobachtet hat, haben wir in den letzten Spielen mit anderen Varianten gearbeitet. Wir haben versucht, Dinge anzupassen und haben die Abläufe verändert. Nach den Gegentoren in Aue mussten wir uns damit beschäftigen, auch wie wir uns defensiv wieder stabilisieren. Trotzdem sind im Moment zwei Dinge für uns entscheidend: Einmal müssen wir durch Wiederholungen dafür ein Timing entwickeln und das zweite große Thema ist, das wir die Standards schlecht schlagen und die Bälle nicht dahin kommen, wo sie hinsollen. Da müssen wir uns steigern. Den Mannschaften, die auf diesem Gebiet erfolgreich sind, gelingt die Kombination. Aber wir beschäftigen uns damit. Wir haben uns gegen Düsseldorf etwas einfallen lassen, gegen Würzburg etwas anderes und werden uns auch gegen den HSV etwas überlegen."

Foto: Agentur Hübner