Meyer: "Druck haben wir die ganze Saison"

Pressekonferenz vor dem Niedersachsen-Derby

Bevor die Löwen am Samstag zum 176. Mal auf Hannover 96 treffen, sprach Chef-Trainer Daniel Meyer auf der virtuellen Pressekonferenz über…

…das Personal:
"Benny Kessel ist wieder ins Mannschaftstraining eingestiegen. Dementsprechend bleibt Niko Kijewski unser einziger Langzeitverletzte. Oumar Diakhite ist gesperrt. Robin Ziegele und Manuel Schwenk werden ebenfalls gegen Hannover ausfallen. Ziegele hat sich eine Knöchelverletzung zugezogen, Schwenk hat Wadenprobleme. Bei beiden ist es eher unwahrscheinlich, dass sie spielen können. Jannis Nikolaou ist heute wieder ins Training eingestiegen. Das hat problemfrei funktioniert. Auch nach der Einheit hat er nichts gespürt. Also gehen wir fest davon aus, dass es keine Probleme mit einem Einsatz am Samstag geben wird. Benny war die ganze Woche über voll bei der Mannschaft. Über das Reha-Training wurde er behutsam herangeführt. Er ist relativ angstfrei und euphorisiert nach so einer langen Pause. Ich glaube, durch die Bedeutsamkeit des Spiels und seine Bedeutung für den Club ist es nicht ausgeschlossen, dass wir ihn mit in den Kader nehmen.“

…die abgelaufene englische Woche:
“Wir haben nochmal den Blick in den Rückspiegel geworfen. Die englische Woche war eine Achterbahnfahrt. Wir sind mit einer guten Leistung gegen den HSV gestartet und hatten sicherlich die Möglichkeit, eine Überraschung zu schaffen. Das ist uns nicht gelungen. Der Drucksituation gegen Heidenheim haben wir standgehalten. Danach hatten wir diesen schlechten Auftritt in Kiel. Es war wichtig, die Partien einzuordnen und den Blick dann wieder nach vorne zu richten. Wir sind noch dabei, einige Dinge in die richtige Richtung zu lenken und natürlich dann den Fokus komplett auf das Hannover-Spiel zu legen. Für uns war es immer besser, wenn wir mehr Zeit für die Vorbereitung hatten. In einer englischen Woche gestaltet sich das schwieriger.“

…den kommenden Gegner:
“Hannover ist etwas schwerer einzuschätzen, weil die Ergbenisse zurzeit einer Achterbahn gleichen. Ich habe gelesen, dass das Team nach dem Hamburger SV die Mannschaft ist, die in 2021 die meisten Punkte geholt hat. Das hat man vielleicht gar nicht so auf dem Schirm. Ich denke, dass dort sehr viel Bewegung da ist, sowohl Ausschläge nach unten als auch nach oben. Sie haben 5:2 in Nürnberg gewonnen, dafür aber zuhause 2:3 gegen St. Pauli verloren. Die ganz große Stabilität ist noch nicht da. Die Zielsetzung des Aufstieges wird in der Woche nach einem Rückschlag wieder beerdigt und ist nach dem Erfolg gegen Osnabrück wieder auf das Tableau gekommen. Es steht außer Frage, dass es eine qualitativ hoch besetzte Mannschaft ist. Die Systematik ist von der Herangehensweise auch klar. Von daher erwarten wir hier einen starken Gegner. Trotzdem wird es ein Ausnahmespiel für alle Beteiligten.“

…den Umbau in der Verteidigung durch Diakhites Sperre:
“Wir haben durchaus mehrere Möglichkeiten. Für uns war wichtig, dass Danilo Wiebe wieder da ist. So haben wir die Möglichkeit, Brian Behrendt in die Innenverteidigung zu stellen. Auch Dominik Wydra kann in der Innenverteidigung spielen. Zudem haben wir auch die Möglichkeit, mit Nico Klaß mit einer Dreierkette zu agieren. Die Sperre von Diakhite können wir schon kompensieren. Im Training haben wir ein, zwei Dinge probiert. Ich bin selber noch nicht schlüssig, wie es am Ende Samstag aussehen wird. Die Optionen sind auf jeden Fall da.“

…den Neuzugang Dong-won Ji:
“Dong-won Ji ein Spieler, der die Qualität und Flexibilität im Angriff deutlich anhebt. Er hat eine Erfahrung von mehr als 100 Bundesligapartien, hat in der Premier League schon gespielt und hat eben die besondere Situation im Abstiegskampf schon mehrfach durchlebt. Ji strahlt ein großes Selbstverständnis aus. Sowohl von der technischen als auch taktischen Ausbildung her ist er bei uns ganz weit vorne. Er hat eine große Ruhe vor dem Tor. Das sieht man im Training schon. Das Debüt in Kiel war, trotz der schwierigen Situation, vielversprechend. Wir erhoffen uns in den nächsten Wochen eine Menge von ihm.“

…den Fan-Besuch im EINTRACHT-STADION:
“Man muss ein wenig differenzieren. Es ist schon so, dass man im Hinterkopf hat, dass etwas geplant sein könnte. Zu diesem frühen Zeitpunkt der Woche hat es uns überrascht. Wie allen anderen Mannschaften auch, fehlt uns der Kontakt zu unseren Fans. Dass das grundsätzlich von der Geste her eine schöne Sache ist, versteht sich von selbst. Darüber hinaus ist es aufgrund der aktuellen Situation einfach schwierig. Ich verstehe, dass das Verständnis bei vielen für eine solche Aktion fehlt. In Pandemiezeiten ist es zu unterlassen und es sollte darauf verzichtet werden. Mit etwas Abstand war es jedoch irgendwie auch gut, wieder etwas Kontakt zur Fanszene zu haben.“

…die Wichtigkeit der Begegnung:
“Den Druck haben wir die ganze Zeit, allein schon wegen der tabellarischen Situation. Ich sehe das so und versuche es auch an die Mannschaft weiterzugeben, den Druck haben wir die ganze Saison schon über. Natürlich ist uns bewusst, dass die Erwartungshaltung und die Hoffnung unserer Fans auf dieses Spiel eine ganz andere ist und dass dieses Duell eine hohe Bedeutung hat. Die Jungs wollen, unabhängig davon und gerade deswegen noch etwas mehr, alles raushauen um dieses Spiel für uns zu entscheiden. Wir können viel, vor allem was das Stimmungsbarometer betrifft, in die richtige Richtung lenken und vielleicht auch einen Schub für den Rest der Saison mitnehmen. Wir nehmen eine Außenseiterrolle ein, das müssen wir akzeptieren. Wir haben hier zuhause, gerade auch in Drucksituationen, gezeigt, dass wir richtig gute Spiele gegen qualitativ starke Teams abgeliefert haben. Darum wird es gehen. Das Drumherum und die Bedeutung sollte einen Extraschub geben. Wir wollen das Spiel gewinnen.“

...das Hinspiel:
“Beim Aufwärmen haben wir schon gespürt, dass wir mental nicht in der richtigen Balance waren, an dem Tag dieses Derby zu spielen. Das Führungstor hat uns nicht die nötige Sicherheit gegeben, sondern eher den Gegner ein Stück weit gekitzelt und dann ist das Spiel so ausgegangen, wie es ausgegangen ist. Für uns war das keine optimale Situation, weil es nicht die Partie war, die wir uns ausgemalt haben. Dementsprechend haben wir natürlich unsere Lehren rausgezogen. Zum einen, was die mentale Vorbereitung der Mannschaft angeht, aber auch mit welcher Herangehensweise wir den Gegner vor Probleme stellen wollen. Zudem hat sich auch personell in der Zwischenzeit etwas geändert.“

...Martin Kobylanski:
“Wir haben in der vergangen Zeit schon mal gesagt, dass Martin Kobylanski nach seiner Verletzung etwas aus dem Tritt gekommen ist. Im Moment befindet er sich in der Herausforderrolle. Ich finde, gerade die Einwechslung gegen den HSV und Heidenheim, wo er mit guten Aktionen fast das zweite Tor hätte nachlegen können, haben gezeigt, dass er gute Akzente setzen konnte. Er arbeitet sich ran und hatte eine sehr gute Trainingswoche. Die Geburt seines Kindes hat ihm nochmal einen Schub gegeben. Koby ist motiviert und hat Lust gegen Hannover eine vielleicht entscheidende Aktion zu bringen.“

…die Lautstärke und Führungsspieler auf dem Rasen:
“Wichtig ist, dass man nicht nur laut rumschreit, sondern in der Lage ist Leistung zu zeigen und guten Fußball zu spielen. Niemand kann sich in der 2. Bundesliga einen Spieler leisten, der laut alle anschreit, aber dann die Wege nicht macht. Wir haben sicherlich mit Jasmin Fejzic jemanden hinten drin, der den Club in- und auswendig kennt, der sehr lautstark aus der letzten Reihe seine Vorderleute pusht und eine große Präsenz hat. In der Mittelachse haben wir durchaus Erfahrung mit Behrendt, Nikolaou, Wydra, Kroos, Kobylanski und Proschwitz. Das sind die Jungs, die dann einfach auch gefordert sind, Verantwortung übernehmen und die Ordnung mit ins Spiel bringen müssen. Mit ihrer Körpersprache, Bereitschaft und zur Not auch mit ihrer verbalen Präsenz müssen sie vorrangehen. Wir haben diese Spielertypen und fordern das auch ein. Wir hatten diesen Riesenumbruch im Sommer, sodass sich das Ganze erst einmal finden muss. Die Rollen mussten sich erst finden.“

…die Spieler, die herausstechen:
“Die individuelle Qualität ist da. Aus meiner Sicht haben sie mit Ducksch ihren treffsichersten Spieler vorne drin, der eine gewisse Quote vorweisen kann. Vor allen Dingen hat Hannover mit Genki Haraguchi jemanden, der im Mittelfeld die Fäden zieht. Er kann Eins-gegen-Eins-Situationen auflösen und hat ein sehr gutes Spielverständnis. Da wird es darum gehen, die Wirkungskreise etwas einzudämmen. Ein ähnlich wichtiger Spieler ist Bijol auf der Sechs. Unter Pressingdruck findet er immer wieder gute Lösungen und Räume. Er ist schwer zu stellen. Die Außenverteidiger gehen richtig, richtig viele Wege und sprinten teilweise 80 Meter tief und immer wieder versuchen Überzahl auf dem Flügel herzustellen. Da ist viel Qualität dahinter. Wir haben uns unsere Gedanken dazu gemacht und wollen die entsprechenden Mittel dagegen finden.“

Fanfragen:

Dirk möchte wissen, wann die Löwen wieder mit dem Langzeitverletzten Niko Kijewski rechnen können?
“Niko Kijewski wird, wenn man das realistisch betrachtet, in dieser Saison nicht mehr zum Einsatz kommen. Die Verletzung war relativ komplex. Er ist jetzt lange Zeit hier in der Reha gewesen und wird demnächst in ein spezielles Reha-Zentrum gehen, um dort das Aufbautraining zu betreiben.“

Lasse Schmidt: Durch die Verpflichtung von Ji ist noch mal eine echte Option für die Offensive dazu gekommen. Er ist flexibel einsetzbar, kann über die Flügel oder den Mittelsturm kommen. Wo genau ist er eingeplant und welcher Spieler muss für ihn weichen?
“Die Flexibilität ist bei Ji ein großes Plus und auch, dass er eine gewisse Körpergröße in unserem Angriff bringt. Nick Proschwitz als Zielspieler hatte keinen klaren Back-up. Es ist wichtig, dass wir einen Spieler haben, der das entsprechend ausüben kann, wenn Nick mal eine Pause braucht oder fehlt. Dass Ji auch auf den Flügeln und auf der Zehn spielen kann, erhöht unsere Möglichkeiten. Der Konkurrenzkampf hat sich ein Stück weit verändert. Es gibt keinen bestimmten Spieler, den ich für ihn opfere. Der Konkurrenzkampf tut uns ganz gut und wir werden sehen wie wir es lösen. Es ist gut, dass wir einen Qualitätsspieler wie Ji dazugewonnen haben.“

Kevin K. möchte wissen, warum man auf die Verpflichtung eines Außenverteidigers verzichtet hat und weiterhin auf "Kompromisslösungen" setzt?
“Die Situation hat sich etwas verändert. Ich finde, dass wir in Danilo Wiebe einen guten Außenverteidiger, beziehungsweise defensiven Außenbahnspieler haben. Er war verletzt. Es war nicht klar, wann er wieder zurückkommt, weil es eben keine strukturelle Verletzung war, sondern der Verdacht einer Schambeinentzündung im Raum stand. Das Thema ist vom Tisch, er steht wieder zur Verfügung. Dementsprechend haben wir einen Außenverteidiger, zumal Benny Kessel auch zurückkehrt. Die Baustelle hat sich etwas geschlossen.“