Aufschlussreiche Fanversammlung im EINTRACHT-STADION

Aufsichtsrat, sportliche Leitung und Geschäftsführung beantworteten Fragen der Löwen-Fans

Am gestrigen Dienstagabend fand im blau-gelben Wohnzimmer die Fanversammlung der Eintracht statt. Erstmals seit 2017 in Präsenz, kamen rund um 19 Uhr zahlreiche Anhängerinnen und Anhänger der Löwen im EINTRACHT-STADION zusammen, um in einem offenen und direkten Austausch mit den Verantwortlichen ins Gespräch zu kommen. Den Einwürfen der Anwesenden und im Vorfeld eingesendeten Fragen stellten sich neben den Aufsichtsratsmitgliedern Jens-Uwe Freitag, Nicole Kumpis, Sebastian Götze und Torsten Sümnich auch der kaufmännische Geschäftsführer Wolfram Benz, Sport-Geschäftsführer Benjamin Kessel sowie Sportkoordinator Dennis Kruppke. 

Aufsichtsrat, sportliche Leitung und Geschäftsführung nahmen sich ausführlich Zeit, um Fragen zu beantworten, Sorgen aufzunehmen und gemeinsam mit den Fans einen konstruktiven Weg in die Zukunft zu skizzieren.

Inhaltlich war der Abend dabei in zwei Hälften unterteilt. Um kurz nach 19 Uhr wurde die Podiumsdiskussion von Versammlungsleiter Erik Lieberknecht, Leiter der Fanbetreuung, eröffnet. In der ersten Hälfte der Veranstaltung stellten sich die Mitglieder des Aufsichtsrats sowie der kaufmännische Geschäftsführer Wolfram Benz den Fragen der Fans. Moderiert von Cedrick Kunz (Radio 21) ging es dabei vor allem um finanzielle Themen, Infrastrukturfragen und die Arbeit des Aufsichtsrates in den vergangenen Monaten. Nach einer etwa 90-minütigen Diskussion folgte eine kurze Pause von 15 Minuten. Gegen 21 Uhr begann die zweite Halbzeit des Abends, moderiert von Patrick Halatsch (NDR). Hier standen sportliche Themen rund um den blau-gelben Fußball im Mittelpunkt: Die aktuelle Situation der Mannschaft, die Planungen für den Kader, die Trainerfrage sowie die Nachwuchsförderung im eigenen Leistungszentrum. Auch strategische Ansätze zur Stabilisierung und sportlichen Weiterentwicklung von Eintracht Braunschweig wurden intensiv besprochen. Thematisch ging es dabei unter anderem um…

…die aktuelle wirtschaftliche Lage und Wettbewerbsfähigkeit:
Wolfram Benz gab den Anwesenden einen kleinen Einblick in die finanzielle Situation der Eintracht Braunschweig GmbH & Co. KGaA. Sie wird voraussichtlich das Ende des Geschäftsjahres mit einem leicht positiven Ergebnis abschließen. Somit würde bei aktuellem Stand das Eigenkapital nicht weiter belastet werden. Im Bereich Ticketing kann die Eintracht die höchsten Einnahmen der vergangenen Jahre vermelden und auch im Merchandising ist die Rendite gestiegen. Darüber hinaus gab es zudem im Sponsoring Zuwachs. Die laufende vierjährige Zusammenarbeit mit dem neuen Hauptsponsor BRAWO GROUP gibt ligaunabhängig weitere finanzielle Verlässlichkeit. "Der Finanzreport der DFL gibt uns ein gutes Gefühl, wo wir in der 2. Bundesliga im Hinblick auf Wettbewerbsfähigkeit liegen. Wir wissen, dass Schalke 04 und Hertha BSC mehr Einnahmen generieren. Das ist nicht immer ein Indikator für sportlichen Erfolg. Unser Wettbewerbscluster liegt zwischen den Plätzen 13 und 18, mit diesen Teams vergleichen wir uns. Da sind wir absolut wettbewerbsfähig." Zwei Herausforderungen und Unterschiede macht Benz zu den Teams im höheren Cluster (Platz sieben bis zwölf) aus: Die höheren Einnahmen durch die TV-Gelder und erhöhte Transfererlöse in der Vergangenheit.

…der Name EINTRACHT-STADION:
Die Gesprächsrunde gab Aufschluss darüber, dass die Crowdfunding-Aktion, die den Stadionnamen vor knapp drei Jahren sicherte, zum 30. Juni dieses Jahres ausläuft. Eintracht Braunschweig steht mit dem Betreiber, der Braunschweiger Veranstaltungsstätten GmbH, und der Stadt Braunschweig in Gesprächen. Die Eintracht möchte die Nutzungsrechte aus der Vermarktung des Stadionnamens ab dem 1. Juli 2025 übernehmen und diese bestenfalls für einen mehrjährigen Zeitraum sichern. “Der Name ist wichtig, er ist identitätsstiftend, gehört zu unserer DNA und wir wollen ihn erhalten. Wir sind im Austausch, müssen aber eine gute Balance zwischen Tradition und Moderne finden. Wir stehen vor einem Spagat, das Optimale aus unseren Möglichkeiten herauszuholen", erklärte Benz den Fans. Der Bauantrag für die Errichtung eines Namensschildes vor der Heimspielstätte der Eintracht wurde derweil genehmigt, derzeit findet die Durchführungsplanung und Errechnung des Kostenvolumens statt.

…die Infrastruktur im Stadion und am Nachwuchsleistungszentrum:
“Es gibt Vereine, die infrastrukturell durchaus besser aufgestellt sind als wir. Das ist aber nicht gleichbedeutend damit, dass wir in diesem Bereich schlecht ausgestattet sind. Die Profis haben gute Bedingungen, um den roten Löwen sportlich erfolgreich zu vertreten”, erläuterte der Aufsichtsratsvorsitzende Jens-Uwe Freitag. Nachholpotenziale seien aber vor allem am Nachwuchsleistungszentrum zu finden. Die Eintracht bemüht sich um neue Entwicklungen im Sportpark Kennel, dort sollen die Rahmenbedingungen weiter verbessert werden. Der Zustand sei allen Beteiligten bekannt. Sowohl die Situation der Gebäude als auch die Platzverhältnisse, an denen aber aktuell noch nicht gearbeitet werden kann, da der Bereich als eine städtische Grünanlage verordnet ist. “Beide Standorte, sowohl das Stadion als auch das NLZ, sind im Eigentum der Stadt Braunschweig. Wir werden in den nächsten zwei bis drei Jahren mit unseren Mitteln und Unterstützung unserer Partner in verschiedene Bereiche investieren”, kündigte Benz an. Dabei handelt es sich an der Hamburger Straße beispielsweise um die Erhöhung des Service- und Cateringlevels und Erneuerungen im Business-Bereich des Stadions. Für das Gelände des NLZ liegt unterdessen eine Masterplanung vor, diese beinhaltet auch einen möglichen Umzug der Profis für den Trainingsbetrieb unter der Woche. Im Moment befindet man sich auf der Suche nach einem strategischen Partner für eine mögliche Umsetzung, auch mit der Stadt Braunschweig fanden diesbezüglich Gespräche statt. 

…die nötige Zustimmung des Aufsichtsrats bei sportlichen Entscheidungen:
Jens-Uwe Freitag stellte klar, dass der Aufsichtsrat als Kontrollorgan die Arbeit der Geschäftsführung beobachte, sich aber nicht zu tief ins operative Geschäft einmische. Es gibt keine finanzielle Grenze, bei der eine Zustimmung des Aufsichtsrats nötig ist, denn die Geschäftsführung kann im Rahmen des definierten Budgets eigenverantwortlich agieren und die Verwendung des Wirtschaftsplans umsetzen. Der Aufsichtsrats verhält sich als Sparringpartner, trägt als Kontrollgremium mit die Verantwortung und arbeitet an der Anpassung der Rahmenbedingungen, damit die Strategie des Vereins verwirklicht werden kann. Bei bedeutsamen sportlichen Entscheidungen berät sich die Geschäftsführung mit dem Aufsichtsrat, trifft den Beschluss letztendlich aber autark und unabhängig. In Paragraf 7 Absatz 3 der Satzung der Kapitalgesellschaft ist zudem auch rechtlich geregelt, in welchen Fragen eine Bewilligung durch den Aufsichtsrat nötig ist.

…die Trainerposition und die Anpassungen:
“Wir haben mit Daniel über die vergangenen eineinhalb Jahre ein sehr vertrauensvolles Verhältnis aufgebaut. Es war keine einfach Phase nach dem Heimspiel gegen Hertha BSC, auch für mich nicht. Trotzdem hat sich die Entscheidung richtig angefühlt”, beschrieb Sport-Geschäftsführer Benjamin Kessel. Gemeinsam soll nun der Bock über die Ziellinie gestoßen werden, was den Klassenerhalt angeht. Das dies gelingen wird, davon ist Kessel weiterhin voll und ganz überzeugt. Danach wollen er und Chefcoach Scherning die Situation gemeinsam analysieren und in Gespräche über die Zukunft gehen. “Wir sind einen anderen Weg gegangen, als so manch anderer Verein. Nicht nur, weil wir den Trainer behalten haben, sondern auch mit Blick auf Stellschrauben, an denen wir gedreht haben. Kontinuität muss der Weg sein. In dem Zuge haben wir aber auch unsere Lehren aus der Hinrunde gezogen, indem wir beispielsweise Testungen eingeführt haben, das Trainerteam um einen Reha-Trainer erweitert haben und mittlerweile mit unserer Sportpsychologin vom Nachwuchsleistungszentrum zusammenarbeiten", stellte Sportkoordinator Dennis Kruppke dar. 

…einen möglichen Verbleib von Rayan Philippe und Lino Tempelmann:
Auch für Benjamin Kessel ist der französische Stürmer ein Unterschiedsspieler und ein absoluter Glücksgriff für die Eintracht. Doch gerade die finanzielle Situation der Löwen erfordert Transfererlöse. “Natürlich hat Rayan bei Klassenerhalt ein gültiges Arbeitspapier für die kommende Saison. Die Frage ist neben den wichtigen Transfererlösen, auf die wir angewiesen sind, was der Spieler möchte. Sein Weg soll eben in die Bundesliga führen. Es wäre für beide Seiten keine gute Lösung, ihn zu zwingen, in Braunschweig zu bleiben”, beleuchtete Kessel. So kündigte er im Bezug auf einen möglichen Wechsel des Angreifers nach der Spielzeit an, dass die Eintracht im Falle des Ligaverbleibs in Verhandlungen mit anderen Klubs gehen und sich die Angebote anhören werde. Darüber hinaus sei es kein Geheimnis, dass die Eintracht alles in ihrer Macht stehende tun werde, um Lino Tempelmann zu halten. Ein erster Austausch hat bereits stattgefunden, um die jeweiligen Standpunkte auszutauschen. Kessel führte aber auch aus, dass dies kein leichter Job werde, da die Leistungen in Fußball-Deutschland sicherlich nicht unbemerkt geblieben sind. Auch wenn er sich wohlfühle, gehöre zudem mit dem FC Schalke 04 auch ein abgebender Verein dazu.

…Identifikationsfiguren wie Jannis Nikolaou und Ermin Bicakcic:
Die Eintracht will weiter vermehrt auf junge Spieler setzen und den jungen Akteuren im Kader Einsatzminuten geben. Doch damit dieses Konzept eine Zukunft hat, bedarf es eines funktionierenden Spielerstamms. So meint Kessel: “Wir müssen diesen Weg weitergehen. Du brauchst den Stamm, um die jungen Spieler an das Niveau der 2. Bundesliga heranzuführen.” Im Sommer soll trotzdem eruiert werden, was Spieler und Verein möchten. Trotzdem weiß auch der Geschäftsführer Sport um die Wichtigkeit von den “älteren” Spielern. Kessel spricht ihnen bei nicht nur auf dem Feld eine wichtige Rolle zu, auch in der Kabine können sie mit ihrer Erfahrung als Ratgeber fungieren. Der Weg wird weiter sein, mit jungen Talenten zu arbeiten, ohne dabei in einen Jugendwahn zu verfallen.

…die Kontinuität:
“Die Kaderentwicklung hat ein Stück weit zu lange gedauert, im Winter haben wir dann die Qualität dazubekommen, die uns auf Platz neun der Rückrundentabelle gebracht hat. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Spieler wie Ron-Thorben Hoffmann, Julian Baas oder Richmond Tachie im vergangenen Sommer nicht verfügbar waren. Ihre Vereine wollten sie nicht abgeben und sie standen noch unter Vertrag”, erklärt Kessel. Für den 37-Jährigen sind in der Vergangenheit zudem auslaufende Verträge bei Leistungsträgern eine erhöhte Problematik bei der Arbeit an Kontinuität gewesen. “Ron-Thorben Hoffmanns Vertrag ist ausgelaufen, ebenso bei Thórir Helgason oder Hasan Kurucay. Diese Spieler dann bei ihren guten Leistungen hier zu halten, ist extrem schwer. Andere Vereine werden aufmerksam und da gibt es natürlich finanziell stärkere Klubs.” Umso wichtiger sei es, Szenarien wie bei Rayan Philippe zu schaffen: Spieler länger unter Vertrag zu halten, die dann performen, sodass man für sie Erlöse generieren kann, die der Verein dann reinvestiert. Auch hier liege der Fokus aber auch auf dem Stamm an Spielern, die man mit in die neue Saison nehmen muss. Drumherum lassen sich dann junge, hungrige Neuzugänge in das Mannschaftsgefüge integrieren. Verliert man in jedem Sommer seine Leistungsträger ablösefrei, fällt es jedoch schwer, etwas aufzubauen. Wir hatten vor der Saison einen großen Umbruch. Uns war klar, dass dieser auch Spuren mit sich zieht”, berichtete Aufsichtsratsmitglied Torsten Sümnich. “Es sind Veränderungen gewesen, die wir bei einem Klassenerhalt in der neuen Saison in der Größe vermutlich nicht haben werden.” 

Die Fanversammlung zeigte eindrucksvoll, wie wichtig der offene Dialog zwischen Verein und Anhängerschaft ist – mit Transparenz, gegenseitigem Respekt und dem gemeinsamen Ziel, Eintracht Braunschweig sportlich und strukturell weiter voranzubringen.

Die Fanversammlung am 29. April