Ludwig: "Es liegt uns am Herzen, möglichst individuell mit den Jungs zu arbeiten"
Athletiktrainer Tizian Ludwig über seinen Arbeitsalltag mit dem blau-gelben Nachwuchs
Es ist wahrlich kein Geheimnis, dass ein erfolgreiches Training die Basis für ein erfolgreiches Spieltagswochenende ist. Das gilt natürlich auch für blau-gelbe Nachwuchstalente. Wichtiger Bestandteil dieses alltäglichen Trainings ist, neben der inhaltlichen Arbeit auf dem Platz, auch das Athletiktraining, welches den Spielern die nötige Fitness mit auf den Platz gibt, um dort volle Leistung bringen zu können. Tizian Ludwig ist Athletiktrainer am Nachwuchsleistungszentrum der Eintracht. Im Gespräch mit ihm durften wir ihn und seinen Arbeitsalltag, sowie den Trainingsalltag der jungen Löwen, besser kennenlernen.
Hi Tizian! Vielleicht erzählst du erst einmal aus deiner Sicht, welche Aufgabenbereiche du im Athletiktraining am NLZ übernimmst. Wer unterstützt dich und was machst du in deinem Arbeitsalltag hauptsächlich?
Tizian Ludwig: „Ich bin in erster Linie für das Athletiktraining der älteren Mannschaften zuständig. Wir haben außerdem noch einen Praktikanten, eine weitere Athletiktrainerin in Teilzeit, die insbesondere die jüngeren Teams betreut und jemanden speziell für das Sprinttraining. Außerdem gestalte ich das Reha-Training aller Spieler, die mit langfristigeren Verletzungen aus dem Mannschaftstraining rausgefallen sind. Da begleite ich die Jungs zurück aufs Feld, habe aber beim Training im Kraftraum noch zusätzliche Unterstützung von den Physiotherapeuten.“
Nimm uns mal mit in deine Abläufe. Wie sieht ein Tag am Nachwuchsleistungszentrum für dich aus?
Ludwig: „Ab 16 Uhr trudeln meistens die ersten Spieler am NLZ ein, wir starten dann immer mit dem Monitoring. Das machen alle Spieler ab der U17, um den aktuellen Zustand vor dem Trainingstag zu checken. So können wir das Training, wenn nötig, auch reduzieren, bevor ein erschöpfter Spieler überlastet wird. Anschließend beginnen ab 17 Uhr die ersten Teams mit den Einheiten auf dem Platz. Da übernehme ich das Aufwärmen und je nach Trainingstag auch das Krafttraining vorab oder im Anschluss an die Einheit. Während die Spieler auf dem Platz sind, unterstütze ich bei Bedarf das Trainerteam oder arbeite mit den Jungs individuell, die sich in der Reha befinden. Beim Frühtraining wiederum übernehme ich den einleitenden Teil im Kraftraum, dabei steht in erster Linie die Verletzungsprävention im Vordergrund. Und sonst geht es, wenn die Spieler grade nicht da sind, viel um die Auswertung der GPS-Werte aus den Trainingseinheiten und Spielen, um den Trainern Feedback geben zu können, was wir anpassen können.“
Das klingt erstmal nach vielen verschiedenen Aspekten, die im Training der Nachwuchsspieler aufgegriffen werden. Worauf achtet ihr beim Athletiktraining mit unseren jungen Talenten besonders und was unterscheidet euer Training vielleicht von dem anderer Vereine?
Ludwig: „Wir versuchen ein ganzheitliches Bild von den Spielern zu bekommen. Das klingt erstmal viel. Neben den Tests beim Monitoring und dem Tragen der Tracker für GPS und Herzfrequenz, gehört es für die Spieler zum Alltag, bis 13 Uhr einen Fragebogen auszufüllen. Da bekommen wir ein Bild zu subjektiven Daten, zum Wohlbefinden der Spieler. Es geht darum wie viel sie schlafen, ob sie Stress ausgesetzt sind und so weiter. Auch das beeinflusst die Trainingsleistung und das Verletzungsrisiko. Es liegt uns am Herzen, möglichst individuell mit den Jungs arbeiten und reagieren zu können, sollten Probleme auftreten. Wir wollen niemanden einfach auszusortieren, der nicht mithalten kann, sondern angepasst das Training steuern.“
Was genau kann man sich unter dem Monitoring vorstellen?
Ludwig: „Das Monitoring besteht aus drei Geräten vom gleichen Hersteller, deren Daten dann in einer Software zusammenfließen. Sie testen vier verschiedene Muskelbereiche: Die Adduktoren, Abduktoren, die Oberschenkelrückseite und mit der Sprungkraft vor allem die Oberschenkelvorderseite. Da wollen wir alles, was zur Beinmuskulatur dazugehört, abfragen und schauen, ob vielleicht eine Struktur ermüdet ist. Danach passen wir dann die Trainingsintensität und auch die Spielformen für den Spieler an, um ihn fit und einsatzfähig zu halten. Das ergänzt sich gut mit den Tracking-Ergebnissen, die vor allem Aufschluss über den Laufumfang und die Laufintensität, die Richtungswechsel und Sprints geben. Entsprechend hohe Leistungen an den Spieltagen müssen dann im Training angemessen vorbereitet werden.“
Die einzelnen Bestandteile des Athletiktrainings hast du schon erläutert. Sind denn die zeitlichen und strukturellen Abläufe für die Nachwuchsspieler immer gleich?
Ludwig: „Wir haben immer eine feste Wochenstruktur. Die verschiebt sich nur, wenn sich der Spieltag verschiebt, bei einer englischen Woche oder einem Sonntagsspiel beispielsweise. Ansonsten ist immer montags, dienstags sowie donnerstags und freitags Training, samstags wird gespielt. An den freien Tagen legen wir viel Wert darauf, dass die Spieler auch tatsächlich abschalten und regenerieren können, dementsprechend muss das für sie planbar sein. Aber auch die Abläufe in den Trainingseinheiten sind immer gleich: Zweimal die Woche haben sie Krafttraining, zweimal sind sie auf dem Platz wobei die Intensität je nach Tag variiert. Direkt nach den Spielen haben sie ein bis zwei lockerere Einheiten, dienstags findet die höchste Belastung statt und direkt vorm Spiel wird im Abschlusstraining wieder eher heruntergefahren. Vor und nach den Trainingseinheiten haben die Spieler dann noch die Möglichkeit, individuell und zusätzlich in den Kraftraum zu gehen. Da kann das Training vor- oder nachbereitet werden. Der Fokus liegt da häufig auf der Mobilität oder darauf, vorangegangene Verletzungen aufzuarbeiten und neuen entgegenzuwirken.“
Sind die Abläufe auch teamübergreifend gleich? Oder gibt es Unterschiede beim Athletiktraining in den verschiedenen Altersklassen?
Ludwig: „Der Bereich der U15 und U16 bildet da den Übergang. Alle jüngeren Teams haben den Fokus mehr auf der motorischen Ausbildung. Die sollen verschiedenen Reizen ausgesetzt sein und auch neben dem Fußball noch andere sportliche Erfahrungen machen. Es wird spielerischer gearbeitet, auch mal Fangen gespielt oder ähnliches. Die verschiedenen Einflüsse fördern die Kinder da eher in ihrer Entwicklung als immer gleiche Trainingsinhalte. Außerdem ist Krafttraining hier noch gar kein Thema. Das beginnt erst ab der U15, dass wir mit Eigenkörpergewicht und Bewegungsschulung auf technische Aspekte vorbereiten. Ab der U16 geht es dann richtig mit Krafttraining los. Ähnlich ist es beim Sprinttraining, auch das startet erst in der U15.“
Zum Abschluss wollen wir noch einmal einen Blick auf deinen zweiten Aufgabenbereich werfen, den du zu Beginn genannt hast: das Reha-Training. So wie jede Verletzung individuell ist, wird auch das Training im Anschluss individuell gestaltet. Welche Rolle wird dir dabei zu Teil und was erwartet einen Spieler beim Reha-Training?
Ludwig: „In der Regel werden die Spieler da eins zu eins bei ihrer Reha betreut. Sobald die Freigabe vom Arzt und den Physiotherapeuten kommt, durchlaufen die Spieler vier Teststufen bei uns, um dann wieder auf den Platz zu können. Wir bereiten sie dabei auf alles vor, was sie auf dem Spielfeld erwartet. Zuerst steht immer die Beweglichkeit in alle Richtungen. Wir schauen erstmal, ob eine stabile Bewegung im Stand möglich ist, dann im Vorwärts und Rückwarts, zuletzt dann auch seitlich. Erst wenn das abgehakt ist, gehen wir wieder raus, ergänzen das Training aber weiterhin im Kraftraum. Die verletzten Bereiche werden dabei gezielt wieder gestärkt. Irgendwann tastet man sich dann zurück ans Mannschaftstraining heran, damit die Spieler da möglichst früh wieder reinkommen, sobald sie individuell auf einem entsprechenden Niveau sind. Allerdings machen die Spieler vorerst nur einzelne Bereiche des Trainings mit, sind mal nur der Anspieler außen oder dürfen dann mal einzelne Spielformen mitmachen. Wichtig ist, dass man keine großen Sprünge in der Belastung hat.“
Foto: Torsten Utta