Schwarz: "Nachwuchsarbeit ist immer eine Investition in die Zukunft"

Jesper Schwarz und Jonas Stephan zur regionalen Talentförderung bei der Eintracht

Am blau-gelben NLZ sollen echte Löwen aufgebaut werden. Jesper Schwarz, Leiter für Gesundheits-, Leistungs-, Trainings- und Entwicklungsmanagement sowie Jonas Stephan, Trainer unserer U19, haben es sich zum Ziel gemacht die Nachwuchsspieler der Eintracht individuell bestmöglich zu entwickeln. Bestenfalls schaffen es einige dieser Talente bis zu den Profis. Dabei setzt die Eintracht auf Identifikation mit dem Verein, auf die blau-gelben Werte und individuelle Förderung. Warum das Nachwuchsleistungszentrum der Löwen dabei besonders auf Talente aus Braunschweig und dem Umland wertlegt und warum Regionalität ein wichtiges Stichwort für die Löwen ist, besprachen wir mit den beiden Verantwortlichen im Interview.

Wir wollen über Regionalität sprechen, zum Verständnis erstmal ein paar Worte zu unserem Nachwuchsleistungszentrum im Allgemeinen: Wie sieht denn der optimale Ausbildungsverlauf eines Spielers am NLZ der Löwen aus?
Jesper Schwarz: „Nachwuchsarbeit ist immer eine Investition in die Zukunft. In unserem Nachwuchsleistungszentrum starten wir mit der U12, im Optimalfall sind die Spieler also acht Jahre bei uns. Das ist eine sehr lange Zeit und eine wichtige Phase in der Entwicklung eines jungen Menschen, dieser Verantwortung sind wir uns durchaus bewusst. Wir, und die Kultur, die wir hier im NLZ vorleben, haben großen Einfluss auf unsere Spieler, sowohl sportlich als auch auf die persönliche Entwicklung.“

Das Ziel des Nachwuchsleistungszentrums ist es nicht nur gute Fußballer hervorzubringen und jedes Talent individuell bestmöglich zu entwickeln, ihr möchtet den jungen Löwen auch die Werte der Eintracht mit auf den Weg geben. Worauf setzt ihr dabei?
Jonas Stephan: „Die Frage ist, ob man das kurzfristig erlernen kann. Natürlich kann ein externer Spieler hierherkommen, den Weg von Eintracht Braunschweig kennenlernen und sich einfügen. Identifikation ist ein sehr großer und wichtiger Begriff, wir haben einige Maßnahmen und Verhaltensweisen herausgearbeitet, wie wir uns jetzt und in Zukunft als Löwen geben wollen. Der einfachere Weg ist es aber, wenn die Spieler mit diesen Dingen frühzeitig aufwachsen. Umso länger sie in dem System drin sind, desto mehr Löwen-DNA entwickeln sie. Wir gehen davon aus, dass Talente hier aus der unmittelbaren Region sich von vorneherein mehr mit dem Verein identifizieren als jemand, der von außerhalb zu uns kommt. Das wollen wir uns irgendwo auch zu Nutze machen, es muss in Zukunft darum gehen, den Großteil der Mannschaft aus Braunschweig und der unmittelbaren Umgebung zu bekommen. Umso mehr Spieler wir aus Orten haben, wo die Brücken blau-gelb angemalt sind, umso mehr Identifikation und Leidenschaft für den Verein wird es geben und umso leichter wird es sein, die Löwen-DNA in den gesamten Mannschaften zu verinnerlichen.“

Das bedeutet Regionalität fängt ganz früh an. Wie möchtet ihr die jüngsten potenziellen Nachwuchslöwen erreichen?
Stephan: „Uns ist klar, dass unseren Plänen zu Grunde liegt, dass der Talentpool in dieser Umgebung gefördert werden muss. Wir wissen, dass auch der Altersbereich unterhalb der U12 wichtig ist und bereiten da bereits einige Konzepte vor. Wir wollen Kinder auf die Sportplätze der Region bringen. Das wird wichtig sein, um die Regionalität auch wirklich leben zu können.“

Also soll die Mehrheit eurer Spieler aus der Region kommen, was ist mit Verstärkungen aus anderen Städten?
Stephan: „Es wird immer mal darauf hinauslaufen, dass wir auch Spieler von außerhalb dazu holen. Das müssen Topspieler sein, bei denen es sich lohnt, dass sie den großen Aufwand durch die weite Anfahrtsstrecke auf sich nehmen. Auch dieser Verantwortung wollen wir uns bewusst sein, was es für die Nachwuchsspieler bedeutet, jeden Tag stundenlang im Auto zu sitzen, um zu uns zu kommen. Es ist auch klar, dass sich das Ganze nach oben mehr öffnet, je älter und selbstständiger die Jugendlichen werden. Wir haben auch in dieser Saison zwei Spieler für die U19 aus anderen Städten geholt, die hier super reinpassen und unsere Werte schon leben, ohne das konkret zu wissen. Mit diesen Spielern verbinden wir auch eine gewisse Profi-Perspektive, die andere Spieler aus dieser Region auch haben und deren Ressourcen wir hier gemeinsam bündeln.“

Viele Nachwuchsleistungszentren machen es anders, warum ist der regionale Weg der richtige für das blau-gelbe NLZ und dessen Spieler?
Schwarz: „Viele andere Bundesligisten betreiben ein Deutschlandweites Scouting, geben sehr viel Geld aus, um Mannschaften zusammenzustellen, die dann vielleicht U19-Bundesliga spielen können. Wir haben kein Internat oder vergleichbare Strukturen hier und sehen es auch nicht als den Weg von Eintracht Braunschweig an, es genau so zu machen. Da besteht auch eine soziale Verantwortung: Die Jugendlichen werden frühzeitig aus ihren Familien, ihren Schulen und ihrem Umfeld gerissen. Wenn dann der Weg zum Profi nicht klappt, das muss man realistisch einschätzen, es klappt in den seltensten Fällen, haben die Spieler dafür sehr viel auf sich genommen. Ich möchte nicht kleinreden, dass sie sich trotzdem früh auch verselbstständigen und gut entwickeln können, Schulabschlüsse machen oder ähnliches. Wir möchten uns aber auf nur zwei bis vier Talente konzentrieren, die wir dazu holen, die aber auch eine klare Profi-Perspektive aufgezeigt bekommen und denen eben unsere personellen und infrastrukturellen Ressourcen zur Verfügung stehen.“

Bedeutet das für die jüngeren Löwen auch, dass es mehr von ihnen in die nächste Altersklasse und damit in eine weitere Nachwuchsmannschaft bei der Eintracht schaffen?
Stephan: „Das hat natürlich auch den Vorteil, dass wir die Durchlässigkeit für unsere anderen Mannschaften, insbesondere der U17, erhöhen können. Bei dem Sprung in die U19 würden wir die Hälfte der Spieler verlieren, wenn wir durch externe Talente auffüllen. So können wir einen Großteil der Spieler übernehmen und haben länger Zeit wirklich mit ihnen zu arbeiten und einzuschätzen, ob sie den Sprung in den Herrenbereich schaffen. Die körperliche Entwicklung kann so auch länger abgewartet werden. Wenn wir trotzdem keine Perspektive für den Spieler in unseren Mannschaften sehen, haben wir für die Region ausgebildet und derjenige kann beispielsweise bei unseren Partnervereinen weiterspielen, womit wir den Braunschweiger Fußball auch wieder stärken.“