Herbstmeister 2.0

Spitzenreiter Holstein Kiel in der Vorschau

Die Stimmung an der Kieler Förde könnte wohl kaum besser sein. Immerhin stehen die Störche bereits zum zweiten Mal seit der Saison 2017/2018 nach dem Ende der Hinrunde ganz oben in der 2. Bundesliga. Dass es am Ende des vergangenen Jahres dieses Erfolgserlebnis zu feiern gab, besorgten gleich fünf Siege in Serie mit einem Torverhältnis von 14:5. Die Generalprobe für den Rückrundenauftakt im Testspiel gegen Hannover ging zwar mit 2:3 verloren, doch der KSV darf weiter auf einen neuen Vereinsrekord hoffen.

Die Matchfacts:

  • Diesen kann die Mannschaft von Chef-Coach Marcel Rapp theoretisch auch gleich schon gegen die Löwen perfekt machen: Fünf Siege in Serie sind bereits eingestellter Vereinsrekord - ein weiterer Erfolg würde für die Schleswig-Holsteiner eine neue Bestmarke bedeuten. Aus den vergangenen fünf Spielen holte man dadurch mehr Punkte (15), als die direkten Verfolger FC St. Pauli und Hamburger SV zusammen (beide 7).
  • Ein Rückstand ist nur eine Herausforderung. Die Kieler sind gemeinsam mit Fortuna Düsseldorf die beste Comeback-Mannschaft der Liga. Zehn Punkte wurden schon eingefahren, obwohl es zunächst gegen die Störche lief. Drei Mal konnte man bisher die Partie sogar komplett zu den eigenen Gunsten drehen und noch den Dreier sichern.
  • Die Störche sind absolute Blitzstarter in Hälfte zwei, nur die Fortuna aus Düsseldorf ist in den ersten 15 Minuten nach Wiederanpfiff genauso gefährlich. Zehn Treffer konnte der KSV zwischen Minute 46 und 60 erzielen. Aber auch in der Mitte der ersten Halbzeit zeigten sich die Blau-Weißen torgefährlich. Acht Tore erzielten sie zwischen Minute 16 und 30, diesen Wert kann nur der 1. FC Kaiserslautern mit zehn Treffern im selben Zeitraum überbieten.
  • Es wird in jedem Fall intensiv: Nur die SV Elversberg sprintete in der laufenden Saison mehr als Holstein Kiel und die Eintracht. Zusammen kommen beide auf über 7.500 Sprints und belegen damit in dieser Statistik die Plätze zwei und drei. Top-Sprinter der Löwen ist Anton Donkor, der alleine 453-mal das Tempo anzog.
  • Der KSV leidet unter Verletzungspech: Unter anderem müssen Keeper Thomas Dähne, Kapitän Philipp Sander, Top-Torschütze Benedikt Pichler und der formstarke Fiete Arp heute passen und stehen nicht zur Verfügung. 

Unter Beobachtung:

  • Shuto Machino
    Nach den Ausfällen von Fiete Arp, Benedikt Pichler und dem Fragezeichen hinter Steven Skrzybski ist der Japaner aktuell nominell der einzig echte Mittelstürmer bei den Kielern. Für den 24-Jährigen sind die Störche die erste Station außerhalb seines Heimatlandes, für das er sogar Teil des Kaders der Weltmeisterschaft in Katar war. Zu einem Einsatz kam er zwar nicht, doch mittlerweile hat er sich an der Ostseeküste eingelebt und verbuchte bereits 14 Spiele und zwei Treffer.
  • Tom Rothe
    Der wohl laufstärkste Linksverteidiger der Liga ist bisher eine der Entdeckungen der Saison. Ausgeliehen von Borussia Dortmund legte der 19-Jährige bereits fünf Tore auf und stand nur ein einziges Mal nicht in der Startelf der Kieler. Nur Lewis Holtby gab genauso viele Vorlagen für die Norddeutschen. Mit aktuell vier Gelben Karten muss der Youngster heute aber aufpassen, sonst droht ein Spiel Sperre.
  • Lewis Holtby
    Der 33-Jährige ist der teamälteste und definitiv der erfahrenste Akteur der Gastgeber. 38 Einsätze in der englischen Premier League für den FC Fulham und Tottenham Hotspur stehen dabei genauso in seiner Vita wie insgesamt 322 Spiele in der ersten und zweiten Bundesliga. Zudem bestritt er auch drei Länderspiele für die deutsche Nationalmannschaft. 
  • Marcel Engelhardt
    Moin Mello! Unser ehemaliger Keeper trifft wieder auf seine alten Bekannten. 2013 wechselte der Keeper vom TSV Havelse an die Oker und unterschrieb 2015 seinen Profivertrag. Er bestritt bis zu seinem Wechsel nach Südafrika 2021 28 Spiele für die Profis der Blau-Gelben und blieb dabei zehn Mal ohne Gegentor. Bisher wartet der Schlussmann seit seinem Transfer vom FSV Zwickau im Sommer noch auf einen Pflichtspiel-Einsatz bei den Störchen. 

Der Trainer:

  • Marcel Rapp
    Der 44-Jährige besitzt die UEFA-Pro-Lizenz und steht seit Oktober 2021 als Chef an der Seitenlinie bei den Kielern. Vorher verbrachte Rapp satte sieben Jahre bei der TSG Hoffenheim und durchlief dort Stationen als U17- und U19-Coach der Blau-Weißen. Zudem stand er währen der Corona-Pandemie auch kurzzeitig als Interimstrainer für die TSG bereit und feierte am letzten Spieltag der Saison 2019/2020 sogar einen 4:0-Erfolg bei Borussia Dortmund. Aktuell kann sich sein Punkteschnitt von 2,06 Zählern pro Spiel in der laufenden Spielzeit absolut sehen lassen. In den vergangenen zehn Spielen gab es mit dem ehemaligen Zweitliga-Kicker (acht Einsätze für den Karlsruher SC) nur eine einzige Niederlage gegen den 1. FC Nürnberg am 11. Spieltag.

Die Lage:

Zwar gab es für die Kieler zumindest im DFB-Pokal einen kleinen Dämpfer, als man Anfang November in der 2. Runde im Elfmeterschießen am 1. FC Magdeburg scheiterte, doch der Lauf in der Liga ließ sich dadurch nicht stoppen. Als Tabellenerster haben die Störche fünf Zähler Vorsprung auf den vierten Rang. Die Kieler übernahmen die Führung erst am letzten Spieltag der Hinrunde, doch die fünf Siege in Serie lassen die Fans an der Förde von einem erneuten Rennen um den Aufstieg ins Oberhaus träumen. Dass in der Vorbereitung nun das Verletzungspech über den KSV hereinbrach, macht die Aufgabe jedoch nicht leichter. Ohne die Stammkräfte in der Offensive, die in den vergangenen fünf Spieltagen die meisten Tore der 2. Bundesliga erzielte, muss Trainer Rapp sein Team etwas umstrukturieren. Dafür, dass der scheidende Sportchef der Kieler, Uwe Stöver, im Sommer noch verlauten ließ, dass man sich "kleine Etappenziele" setzen will, lief es aber bisher durchaus erfreulich in der Landeshauptstadt des nördlichsten Bundeslandes.

Foto: DFL/Getty Images/Boris Streubel