Meyer: "Gegen den direkten Konkurrenten aus Osnabrück müssen wir bestehen"

Pressekonferenz vor der Partie in Osnabrück

Bevor es für die Löwen am Sonntag an der Bremer Brücke im Duell mit dem VfL Osnabrück um wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt geht, sprach Chef-Trainer Daniel Meyer auf der virtuellen Pressekonferenz vor der Begegnung über...

...die Gesundheit der Corona-Betroffenen:
Meyer: "Mittlerweile geht es wieder besser. Leider muss ich berichten, dass wir nicht alle symptomfrei durchgekommen sind und durchaus in den vergangenen Tagen ein bisschen zu kämpfen hatten. Ich kann aber auch für die anderen Beiden sprechen, dass es jetzt bergauf geht. Wir sind guter Hoffnung, dass wir das Schlimmste überstanden haben."

...die Auswirkungen der Quarantäne auf Sonntag:
Meyer: "Fabio Kaufmann kommt morgen aus der Quarantäne und wird auch das Abschlusstraining absolvieren. Er hat sich über die symptomfreien Tage mit Hilfe vom Fahrrad-Ergometer fit gehalten und belastet. Wir werden schauen, wie das morgen bei ihm aussieht. Ich denke aber, dass er zumindest eine Kaderoption ist. Es ist natürlich noch nicht ganz so klar, wie der Körper nach der Erkrankung auf die Belastung reagiert. Zum Ausstieg aus der Quarantäne sind bei ihm aber alle Voraussetzungen erfüllt. Bei mir wird es sehr eng. Es könnte sein, dass es vom Zeitablauf her für Sonntag reicht. Insgesamt müssen aber noch ein paar andere Gegebenheiten erfüllt sein und dann besteht die Möglichkeit. Wir setzen uns aber auch mit dem Szenario auseinander, dass ich noch nicht dabei sein kann. Jannis Nikolaou war der Spieler, der sich zunächst als Erstkontakt in Quarantäne begeben hat. Leider hat er nun auch Symptome bekommen, dementsprechend wird sich die Rückkehr zur Mannschaft bei ihm weiter nach hinten verschieben."

...seine persönliche Quarantäne:
Meyer: "Es gab in meinem Krankheitsverlauf unterschiedliche Phasen. Es war zunächst mild und dann hatte ich zwischendrin eine schlechtere Zeit, wo ich aufgrund meiner Gesundheit etwas weniger Kommunikation mit dem Trainer-Team und der Mannschaft hatte. Ich habe aber definitiv versucht, den Kontakt mit meinem Trainer-Team zu halten und die Schwerpunkte abzusprechen. Seit ein paar Tagen geht es bei mir deutlich bergauf und der Austausch ist wieder sehr intensiver. Von daher hoffe ich, dass ich über den Berg bin und am Sonntag auf der Bank sitzen kann."

...den Rückblick auf Montag und die Trainingswoche:
Meyer: "Es war wichtig, das Spiel schnell abzuhaken und wieder nach vorne zu schauen. Man muss zwei Dinge beachten, wenn man die Partie vom Montag in den Gesamtkontext setzt. Ich bleibe dabei, dass es auch unter Bestbesetzung und Idealbedingungen schwer geworden wäre, bei St. Pauli zu bestehen. Man hat im Spielverlauf gesehen, dass der FCSP in einer überragenden Verfassung und auch zurecht die beste Rückrunden-Mannschaft ist. Es gab schon Offensivaktionen der Hamburger, die auf diesem Niveau nicht so häufig gesehen werden können. Dazu kommt, dass wir eine total außergewöhnliche Woche hatten und mit den fünf Ausfällen die Hälfte der Feldspieler ersetzen mussten. Unter diesen Voraussetzungen war es einfach schwierig. Unterm Strich ist die Niederlage auch verdient gewesen, hielt sich aber vom Ergebnis her in Grenzen. Das könnte für das Torverhältnis bedeutend sein. Trotzdem kann man daraus ziehen, dass wir in der zweiten Halbzeit eine Reaktion gezeigt haben und sogar die Möglichkeit da war, den Anschluss zu erzielen. Nach dem frühen Doppelschlag haben wir erneut Moral bewiesen und haben uns ins Spiel reingekämpft. Die Jungs sind nach der Länderspielpause fast 119 Kilometer gelaufen und haben ein Plus bei den Zweikämpfen zu verzeichnen. Das sind die Elemente, die wir ins nächste Spiel mitnehmen können. Mit anderen personellen Voraussetzungen können wir optimistisch in das Duell gegen Osnabrück gehen."

...den VfL Osnabrück:
Meyer: "Bis zum vergangenen Wochenende hatten sie einen sehr schwierigen Lauf. Sie haben nicht die Formstärke aufgewiesen, die es im Abstiegskampf vielleicht braucht. Am Sonntag haben sie dann unter fast umgekehrten Umständen wie bei uns mit 1:0 in Karlsruhe gewinnen können. Der KSC hatte ja eine ähnlich chaotische Woche wie wir und muss jetzt auch noch in Quarantäne. Osnabrück konnte die Situation für sich nutzen und wird daher für Sonntag sicherlich auch ein Stück weit mehr Selbstbewusstsein haben. Sie haben aber auch in der ersten Hälfte der Saison gezeigt, dass sie richtig gut kicken können und fantastische Fußballer in ihren Reihen haben. Wir konzentrieren uns aber auf unsere Formkurve, die wir vor der Länderspielpause hatten. Deshalb fahren wir selbstbewusst nach Osnabrück. Der VfL hat zuletzt in einer eher defensiven Formation Umschaltfußball gespielt und dadurch nochmal eine andere Kompaktheit. Anders als die offensiv auftretenden St. Paulianer wird es bei Osnabrück darum gehen, einen tiefstehenden, lauernden Gegner zu bespielen. Da musst du viel investieren. Sie stehen mit einer Fünferkette, sowie drei Mittelfeldspieler sehr massiv und lauern dann mit zwei Spitzen auf die Umschaltmomente. Wir müssen diese andere Form des Spiels annehmen und sehr fokussiert die Angriffe entwickeln. Dabei darfst du die Restabsicherung aber nicht außer Acht lassen. Für uns geht es auch darum, die Präsenz, den Fokus und die Intensität zu zeigen, um ihnen nicht die Möglichkeit zu geben, die alte Sicherheit aus der Hinrunde wiederzufinden. Ich glaube, dass Zurückhaltung und Angst in dieser Partie ein schlechter Ratgeber wären. Es ist daher immens wichtig, dass wir mit Selbstbewusstsein und Überzeugung in die Partie gehen. Wir haben die entsprechenden Dinge für uns vorbereitet und wissen um die Bedeutung des Spiels. Ich werde aber nicht müde zu betonnen, dass die Mannschaft schon ein paar Mal gezeigt hat, dass sie in diesen Momenten da ist. Wir sind weiter davon entfernt, irgendetwas herzugeben, was wir uns erarbeitet haben. St. Pauli war eine Sondersituation, das war ein Gegner, der am Montag nicht unsere Kragenweite entsprochen hat. Gegen den direkten Konkurrenten aus Osnabrück müssen wir bestehen und da haben wir auch Bock drauf."

...das Personal:
Meyer: "Die personelle Situation gestaltet sich deutlich freundlicher, vor allem wenn wir den Testlauf von Fabio Kaufmann morgen noch im Kopf haben. Dong-won Ji ist seit dem Spielersatztraining nach St. Pauli wieder voll im Trainingsbetrieb. Zudem hab ich heute vom Training die Rückmeldung bekommen, dass da ganz klar ein Aufwärtstrend zu erkennen ist. Er hat ja leider doch etwas länger nicht mittrainieren können, wird uns aber am Sonntag zur Verfügung stehen. Zudem kehren die beiden gelbgesperrten Brian Behrendt und Danilo Wiebe zurück. Trotz des Ausfalls von Fabio und Jannis hatten wir 24 fitte Feldspieler auf dem Platz und können aus den Vollen schöpfen. Niko Kijewski ist weiterhin unser Langzeitverletzter."

...Martin Kobylanski und Suleiman Abdullahi:
Meyer: "Dieser Heranführungsprozess, den wir in den vergangenen Wochen hatten, ist jetzt ein Stück weit abgeschlossen. Sie sind aus meiner Sicht ab sofort vollwertige Alternativen. Wir haben auch die Spielzeit der Beiden zuletzt erhöht. Man muss natürlich auch unterscheiden: Bei Suleiman Abdullahi ging es um den Rückstand und die Gesundheit, was das Knie angeht. Bei Koby hatten wir ein Form-Thema und ein paar inhaltliche Aspekte, die wir aufgearbeitet haben, um ihn wieder heranzuführen. Wir haben den Wunsch im Kopf gehabt, dass wir jetzt in der entscheidenen Saisonphase Beide in der Verfassung haben, in der sie uns helfen können. Das haben sie gegen St. Pauli angedeutet. Ich traue beiden gegen Osnabrück einen Startelf-Einsatz zu."

...die Corona-Problematiken in der 2. Bundesliga:
Meyer: "Es ist schwer einzuschätzen. Die Situation ist so, dass du nicht mehr Spieltag für Spieltag schauen kannst, wie sich die Lage bei den Konkurrenten entwickelt. Zumindest in den vergangenen Wochen konntest du immer noch bei Partien, die auf der Kippe standen, über Grundsatzentscheidungen nachdenken: Gehst du jetzt All-in? Musst du bei einem Unentschieden alles nach vorne werfen und alles riskieren, weil ein Punkt nicht reicht? Das ist jetzt natürlich im Quervergleich schwierig, weil Sandhausen zwei Begegnungen auf jeden Fall auslassen wird. Du weißt dann nicht, wie sie diese Spiele bestreiten. Ich fand auch aus der Ferne betrachtet, dass die Durchführung des Spiels Karlsruhe gegen Osnabrück schwierig war, wenn man auf die Chancengleichheit und den fairen Wettkampf pocht. Wir sind jetzt in der Situation, dass wir vorlegen können. Sandhausen kann im Gegenzug klarer in die Spiele gehen, weil sie wissen, was sie an Punkten liefern müssen, um sich in die Position zu bringen, die sie brauchen. Aus meiner Sicht ist es suboptimal. Wir können es aber nicht ändern und müssen die Situation annehmen. Von daher wollen wir vorlegen und den Druck erhöhen. Am Sonntag haben wir die erste Chance dazu."

...das Beenden der aktuellen Saison:
Meyer:
"Die Gesamtentwicklung in der 2. Bundesliga ist schon bedenklich. Wir haben eine andere Situation, als es vielleicht im vergangenen Jahr der Fall war und haben es am eigenen Laib erfahren. Bei über 90 Prozent der Positiv-Getesteten wurde die britische Mutante nachgewiesen, was die Ansteckungsgefahr im Vergleich zu den vorigen Virus-Varianten nochmal deutlich erhöht. Es ist offensichtlich auch schwierig, die Dinge trotz des Hygienekonzepts einzudämmen. Auch die Inkubationszeit ist relativ lang, weshalb mit einer Verzögerung immer nochmal was nachkommen kann. Es ist spürbar, dass es nicht ganz so einfach ist, die Lage zu kontrollieren. Alle bemühen sich noch mehr um die Vorkehrungen. Ich habe aber zumindest Bedenken, dass wir das hinbekommen, die Saison ohne eine Verlängerung zu Ende zu spielen. Es ist jetzt mit den Nachholspielen schon eng, wenn noch etwas dazu kommt, dann wird es richtig kompliziert. Ich weiß natürlich nicht, inwiefern man auf Termine in der Pause am ersten Maiwochenende zurückgreifen kann. Ich sehe das fast als einzige Chance, da noch etwas abzuhandeln."

...die Corona-Maßnahmen im Fußball und ein mögliches Quarantänetrainingslager
Meyer: "Man muss es aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Ich habe schon das Gefühl, dass es beim KSC nicht unter regulären Bedingungen stattgefunden hat. Ich habe die PK des Trainer-Kollegen vorher gesehen, der die Woche so ein bisschen geschildert hat. Man musste fast alle Trainingseinheiten absagen, es war totale Panik da. Dann musste man nach einer Trainingseinheit ein Liga-Spiel bestreiten, dass ja auch Auswirkungen auf den Abstiegskampf hatte. Das Ergebnis ist natürlich für uns suboptimal. Ohne die Leistung von Osnabrück schmälern zu wollen, war der KSC in keiner Top-Verfassung aufgrund der Umstände. Das Trainingslager wird heiß diskutiert. Ich denke, dass es eine Möglichkeit wäre. Man muss aber auch bedenken, wie es den Jungs geht. Wir haben ohne Pause durchgespielt, manche Spieler waren schon in Quarantäne. Ich bin auch seit fast zwei Wochen in einer kleinen Wohnung, getrennt von meiner Familie. Das ist nicht so spaßig. Wenn man ins nächste Quarantäne-Trainingslager geht, muss man auch schauen, was das mit den Jungs im Kopf macht. Das darf man auch nicht unterschätzen. Wenn es so kommt, dann dient es der Durchführung des Spielbetriebs und ich denke schon, dass es die Ansteckungsgefahr vermindert. Wenn man es so durchzieht, dann muss man auch die psychische Situation der Spieler im Auge haben und die Möglichkeiten gut abwägen. "

Foto: Agentur Hübner