Meyer: "Wir wollen ein gutes Gefühl mit in die Länderspielpause nehmen"
Virtuelle Pressekonferenz vor der Partie gegen Darmstadt
Bevor die Kugel am morgigen Samstag an der Hamburger Straße für die Löwen wieder rollt (live verfolgbar über unseren Live-Ticker oder das Fanradio), sprachen auf der virtuellen Pressekonferenz vor dem Duell mit dem SV Darmstadt 98 Chef-Trainer Daniel Meyer und Defensivakteur Danilo Wiebe über...
...Meyers Gesundheit:
Meyer: “Es geht mir wieder besser. Ich hatte etwas mit Alterserscheinungen zu kämpfen. Ich habe mir im Halswirbelbereich etwas eingeklemmt, wodurch ich ein paar unangenehme Nebenwirkungen hatte. Das ist aber wieder reguliert und deswegen stand ich normal auf dem Platz.“
...die morgige Begegnung:
Meyer: “Wir wollen ein gutes Gefühl mit in die Länderspielpause nehmen. Dieses Ziel haben wir übergeordnet ausgegeben, weil wir einige schwierige Phasen in der Saison schon durchgestanden haben und die jetzige Situation natürlich viel angenehmer ist. Die defensive Stabilität würden wir auch gerne gegen Darmstadt nachweisen. Die Aufgabe ist natürlich groß, weil die Lilien über eine starke Offensive verfügen und in den vergangenen beiden Spielen ordentlich Selbstbewusstsein gesammelt haben. Auch wir haben eine andere Stabilität gezeigt und wollen das auf diesem Niveau nachweisen. Das 0:4 aus dem Hinspiel hat weh getan, das war ein bitterer Einschnitt für uns. Wir haben den Anspruch, nachzuweisen, dass wir einen Schritt weiter gekommen sind und ein besserer Gegner sein können, als das in der Hinrunde der Fall war.“
Wiebe: “Darmstadt hat ihren Spielstil etwas verändert. Vielleicht werden wir etwas mehr mit dem Ball agieren müssen. Wir freuen uns darauf ein gutes Spiel zu machen. Wir wollen da anknüpfen, wo wir vergangene Woche beim KSC aufgehört haben: Wir wollen uns Torchancen erarbeiten und am liebsten einige davon auch nutzen.“
...die Taktikumstellung der Lilien:
Meyer: “Über den Saisonverlauf hat Darmstadt sehr viel Lob für ihre Art und Weise Fußball zu spielen bekommen. Sie sind eine Ballbesitzmannschaft, die das sehr gut gemacht hat. Im Hinspiel haben wir darunter sehr gelitten, weil wir keinen richtigen Zugriff hatten. Sie haben jedoch genauso viele Gegentore kassiert wie wir. Stehen aber besser da, weil sie doppelt sie viele Tore geschossen haben wie wir. Es wird darum gehen, den veränderten Ansatz, den sie nach den Niederlagen gegen St. Pauli und dem KSC gewählt haben, aufzunehmen, zu erkennen und entsprechend darauf zu reagieren. Darmstadt agiert jetzt deutlich defensiver und hat das System umgestellt. Gegen den Ball stehen sie kompakt und agieren mit zwei tief stehenden Ketten und ziehen sich teilweise sehr weit zurück. Also völlig untypisch zu den, was sie vorher gemacht haben. In der Offensive sind sie brandgefährlich im Umschaltspiel über die schnellen Außen. Es wird eine völlig andere Begegnung zustande kommen als in der Hinrunde. Wir müssen uns sehr gut darauf vorbereiten. Die Mischung aus kompakt und tief verteidigen sowie gefährlich kontern, wird uns, gerade zuhause, vor eine große Aufgabe stellen.“
...seine Umstellung in der Defensive:
Wiebe: “Ich habe schon etwas gebraucht, bis ich die Abläufe, nach der Umstellung von Fünfer- auf Viererkette, verinnerlicht habe. Mit Brian, der hauptsächlich als rechter Innenverteidiger aufläuft, verstehe ich mich sowohl auf als auch neben dem Platz sehr gut.“
...das Personal:
Meyer: “Auf Suleiman Abdullahi verzichten wir freiwillig. Er wird am Sonntag im Testspiel gegen den Chemnitzer FC zum Einsatz kommen. Dong-won Ji hat gerade rechtzeitig das Training wieder aufgenommen, nachdem er mit muskulären Problemen zu kämpfen hatte.“
...die Zuschauerrückkehr in Rostock:
Meyer: “Ich sehe das ähnlich wie Danilo, auch wenn die Infektionszahlen zurzeit wieder steigen und bald wieder der Gegenreflex da ist, die Maßnahmen zu verschärfen. Dennoch ist es wichtig, eine Perspektive aufzuzeigen und eben auch Lösungsmöglichkeiten zu haben. Deswegen sehe ich das Pilotprojekt auch sehr positiv, weil ich denke, dass man mittlerweile andere Möglichkeiten hat als noch vor ein paar Monaten über Schnelltests und andere Hygienemaßnahmen wieder Zuschauer zuzulassen.“
Wiebe: “Ich habe im Internet gelesen, dass Hansa Rostock heute vor 777 Zuschauern spielt. Es ist schon wie ein kleiner Meilenstein. Ich habe mich sehr gefreut. Ein Freund von mir wird heute mit seiner Mannschaft bei den Hanseaten zu Gast sein. Ich freue mich für ihn, dass er wieder vor Fans spielen kann. Ich wünsche mir das für die nahe Zukunft auch für uns wieder, dass wir hier im EINTRACHT-STADION vor Zuschauern spielen dürfen.“
...mögliche Sperren wegen der fünften Gelben Karte:
Meyer: “Für morgen bedeutet eine mögliche fünfte Karte erst einmal gar nichts, weil es keine Auswirkung haben kann. Die Konstellation ist dahingehend etwas schwierig, weil drei der vier Spieler aus unserer Viererkette kurz vor einer Sperre stehen. Ein gleichzeitiger Ausfall wäre für uns schon unangenehm. Mit der Konstellation werden wir wahrscheinlich nicht bis zum Ende der Saison durchkommen. Irgendwann wird es uns treffen. Wir haben es im Hinterkopf und sind gegebenenfalls in der Lage zu reagieren, wenn es jemanden mit der fünften Karte trifft und wir mit einem Wechsel verhindern können, dass der Nächste gelbgesperrt fehlen wird. Das ist nur im Trainerstab ein Thema. Die Jungs müssen ihr Spiel spielen.“
Wiebe: “Ich bin mir dessen schon bewusst, dass ich vier Gelbe Karten habe. Die vierte Verwarnung trage ich schon seit der Partie bei Holstein Kiel mit mir herum. Das zeigt, dass man damit auch umgehen kann. Natürlich zieht man dann kein dummes Foul. Wenn es nötig ist, werde ich die Gelbe Karte bekommen und dann ist es auch so. Ich werde wahrscheinlich nicht bis zum Saisonende mit vier Gelben Karten durchkommen. Es wäre zwar schön, wenn das klappt. Es gibt genug Jungs, die dahinter stehen und bei einem Ausfall den Job auch gut erledigen können.“
...Serdar Dursun:
Meyer: “Für Serdar gibt es keine Sonderbewachung, wir haben mittlerweile auch eine andere Innenverteidigung, sodass er sich mit anderen Leuten reiben muss als im Hinspiel. Wir haben dadurch gerade im Zentrum eine andere Kompaktheit. Trotzdem ist er ein außergewöhnlicher Stürmer. Ich kenne ihn schon eine Weile. Ich möchte auf diesem Weg schon mal zum Nachwuchs gratulieren, ich freue mich für ihn und seine Frau und schicke hinterher, dass ich den Baby-Jubel morgen nicht brauche. Er gehört zu den besten Angreifern der Liga. Ich denke, dass er zurecht darauf hinarbeitet, in der kommenden Saison in der ersten Liga zu spielen. Ich würde mich freuen, wenn er seine Nationalmannschaftseinladung bekommt. Morgen wollen wir ihm es so schwer wie möglich machen. Vielleicht hat er dann auch einen nicht ganz so guten Tag.“
...die Offensive:
Meyer: “Wir haben in der vergangenen Woche schon gesagt, dass wir froh sind, die Defensive so stabilisiert zu haben. Man hat gesehen, dass wir in den engen Partien trotzdem was mitnehmen können, wenn hinten die Null steht. Mit der Offensivleistung waren wir gegen den Karlsruher SC deutlich zufriedener. Ich finde, dass eine Entwicklung sichtbar war, weil wir viel mehr Situationen kreiert haben und unsere Offensivspieler mehr Mut hatten, in Eins-gegen-eins-Situationen zu gehen. Es hat nicht mit dem Torerfolg geklappt, auch wenn wir eine Vielzahl von Möglichkeiten hatten. Ich sehe in den Bereich eine Entwicklung, die die Jungs ebenfalls spüren. Ich bin optimistisch, dass wir zeitnah nachziehen. Wichtig ist, dies zu tun, ohne die defensive Stabilität zu vernachlässigen.“
Fanfragen
Ralf Braun: Wieso bleibt Felix Kroos nicht immer offensiv? Spielerisch gesehen tut das der ganzen Mannschaft gut und sie spielt erfolgreicher. Ist er defensiv eingestellt, wirkt die ganze Elf fahrig.
Meyer: “Wir haben irgendwann die Entscheidung getroffen, Felix auf die Zehn zu stellen, weil er in der vordersten Linie im Anlaufverhalten eine andere Sensibilität hat. Gegen den Karlsruher SC hat er gerade in der Endphase noch unfassbare Wege gegen den Ball gemacht. Man merkt, dass er in dieser offensiven Rolle ankommt und es ihm viel Freude macht. Er hat mehr zwingende Aktionen Richtung gegnerisches Tor. Wenn wir durch Sperren oder Verletzungen nicht dazu gezwungen sind, wollen wir ihn nicht eine Reihe tiefer beordern. Das Ziel ist nicht, ihn defensiver anbinden zu wollen. Wir haben für ihn die richtige Rolle auf der Zehn gefunden.“
Thomas Löwe: Fragen an Danilo Wiebe, aber auch an den Trainer: Danilo hat eine hervorragende Schusstechnik. Aus meiner Sicht kann er gerne öfter auch aus der zweiten Reihe schießen. Wird er vom Trainer dazu ermutigt? Und weiß Danilo, dass er auf Twitter mit #WiebeLiebe“ einen eigenen Hashtag hat?
Meyer: “Durch die Umstellung auf die Viererkette ist Danilo noch ein Stückchen nach hinten gerutscht. Je länger wir zusammenspielen und je besser die Abstimmung ist, sieht man, dass sich unsere Außenverteidiger mehr zutrauen und sich noch häufiger in der Offensive einschalten als es bis dato der Fall war. Das tut unserem Angriffsspiel einfach gut. Es ist auch eine Variante, mal ins Halbfeld zu gehen und es mal aus der zweiten Reihe zu probieren. Das weiß Danilo auch.“
Wiebe: “Wie man an meiner Reaktion vielleicht merkt, wusste ich von dem Hashtag noch nichts (lacht). Danke für das Kompliment. Der Trainer ermutigt uns immer wieder deutlich mehr zu schießen. Wir machen häufiger Trainingsformen, wo es nur um Abschlüsse geht. In der vergangenen Partie beim KSC gab es sicherlich auch die eine oder andere Situation, wo ich den Abschluss hätte suchen müssen.“
Blau-Gelbe-Familie: Warum nutzen Sie so selten alle fünf Wechsel, die derzeitig im deutschen Fußball erlaubt sind?
Meyer: “So selten würde ich gar nicht sagen. Wenn man eine Statistik erstellt, würde ich meinen, dass ich größtenteils meine fünf Wechsel ausnutze. In den vergangenen Partien war es etwas weniger, weil ich das Gefühl hatte, dass wir uns sehr gut gefunden haben. Wir versuchen in der Konstellation zusammenzuwachsen und Automatismen zu finden. Wir wollen nicht wechseln, um jemand anderen Spielpraxis sammeln zu lassen oder um jemanden zufriedenzustellen. Wir stehen unter dem Zugzwang, regelmäßig punkten zu müssen, um die Klasse zu halten. Dann wechseln wir im Moment nur, wenn wir es für nötig halten. Wir sind zurzeit in einer sehr starken Konstellation unterwegs. Die Jungs haben das Gefühl, sich aufeinander verlassen zu können. Dass die Wechsel nicht ohne Qualitäts- und Reibungsverlust geschehen, ist normal.“
Foto: Agentur Hübner