Meyer: "Es gibt nichts Besseres, als Montagabend am Millerntor auflaufen zu dürfen"

Die virtuelle Pressekonferenz vor der Begegnung beim FC St. Pauli

Es war viel los bei den Löwen in der Länderspielpause. Nachdem sich unter der Woche zwei COVID-19-Infektionen sowie ein K1-Kontakt bestätigt haben und klar ist, dass Daniel Meyer am Montag beim Spiel beim FC St. Pauli nicht auf der Bank sitzen wird, sprach der Chef-Trainer aus der Quarantäne heraus auf der virtuellen Pressekonferenz über…

…die Zeit nach dem Duell mit Darmstadt:

Meyer: “Wir haben uns die Länderspielpause sicherlich etwas anders vorgestellt. Es ging nach dem Spiel gegen Darmstadt schon los, dass wir das Testspiel gegen Chemnitz aus Vorsichtsgründen abgesagt haben, weil es im Vorlauf einen positiven Corona-Fall bei den Sachsen gab. Wir hatten nach der Partie gegen Union Berlin noch ein weiteres Testspiel geplant und wollten dann in dieser Woche normal in die Vorbereitung auf St. Pauli starten. Wie wir dann bekannt gegeben haben, gab es bei den Testungen diese Auffälligkeiten, die sich in der Nachtestung bestätigt haben. Seitdem ist es natürlich schwieriger geworden, weil ich zu dem betroffenen Personenkreis zähle. Es ist eine äußerst ungünstige Konstellation, womit wir uns jetzt arrangieren müssen. Wir versuchen in der Kommunikation mit dem Trainer-Team und der Mannschaft stückweise zur Normalität zurückzukehren, die am Wochenbeginn gestört war. Wir waren ohnehin sehr vorsichtig, weil wir in der Länderspielpause erstmals drei Tage frei hatten. In Anbetracht der steigenden Infektionszahlen und positiven Fälle in anderen Mannschaften waren wir Dienstag sehr vorsichtig, was im Nachhinein auch berechtigt war. Unter verschärften Maßnahmen haben wir die Testungen durchgeführt und danach ein abgespecktes Training absolviert. Zum Glück war es so, dass bei den weiteren PCR-Testungen keine Auffälligkeiten dazu gekommen sind.“

…den Ausblick auf die kommende Partie:

Meyer: “Thomas Stickroth wird bei der Begegnung gegen den FC St. Pauli in die erste Reihe rutschen und vor Ort die Verantwortung tragen. Mit Marcel Goslar, Ronny Teuber und den beiden Athletik-Trainern Johannes Thienel und Marc Lorius haben wir definitiv genug Manpower, um die Dinge zu lösen. Wir telefonieren viel und haben mehrfach am Tag Videokonferenzen, um Sachen zu besprechen. Das Training wird aufgezeichnet und mir als Video zugeschickt, sodass ich mir ein Bild machen. Ich stehe auch mit einzelnen Spielern im Austausch. Mit der dritten PCR-Testung ohne Befund vom späten Donnerstagabend konnten wir dann auch endlich den Blick auf St. Pauli lenken. Das ist heute im Training mit den ersten inhaltlichen Maßnahmen und taktischen Vorgaben auch passiert. Die Kiezkicker sind nicht ohne Grund das beste Team der Rückrunde. Sie haben sich durch die Transfers, die Erfolge und die Rückkehr von Guido Burgstaller nach einer Verletzung gefunden. Sie spielen ein relativ klares System. Spielerisch sind sie stark besetzt mit Akteuren, die stark im Eins-gegen-eins sind, eine große Spielfreude und ein großes Selbstvertrauen haben. Das gilt es am Montag einzudämmen. Wir sind dabei die richtigen Werkzeuge zu trainieren, um dort bestehen zu können.“

…das Personal:

Meyer: “Niko Kijewski ist unser Langzeitverletzter, Brian Behrendt und Danilo Wiebe sind gesperrt. Bei Dong-won Ji wird es bis Montag ganz, ganz eng. Leider haben wir die muskulären Probleme, die Knieschmerzen durch eine Fehlbelastung verursachen, in der Länderspielpause nicht in den Griff bekommen. Wir müssen sehen, ob es bei ihm für den Kader reicht. Wir wollen dieses Mal benennen, um welche Spieler es sich neben mir bei den Verdachtsfällen handelt, weil wir am Spieltag die Diskussion vermeiden wollen und sich alle aufs Spiel konzentrieren können. Wir werden aber nicht sagen, wer von uns infiziert und wer der Erstkontakt ist, um ein bisschen Selbstschutz zu haben. Wenn man die Namen hört ist es klar, dass wir das nicht wegdiskutieren können. Es geht um Fabio Kaufmann und Jannis Nikolaou. Das sind die beiden Spieler, die es zusätzlich betrifft. Es ist meiner Meinung nach wichtig und mit den Jungs abgesprochen, dass wir das so kommunizieren. Der Restschutz läuft über die Unklarheit, wer positiv getestet wurde und wer Erstkontakt ist.“

…die aktuelle Corona-Situation:

Meyer: “Ich habe vorher bereits gesagt, dass ich davon ausgehe, dass es ein paar Unwägbarkeiten gibt und dass wir uns drauf einstellen, nicht problemfrei die Saison zu Ende zu spielen. Dass es jetzt so kommt ist eine besondere Situation. Wir waren mental immer darauf vorbereitet, dass wir vor Probleme gestellt werden können. Jetzt zahlt es sich auch aus, dass wir gegen Union einige Spieler einsetzen konnten, die zuvor weniger gespielt haben und jetzt gegen St. Pauli gebraucht werden. Bekanntermaßen haben die Jungs das in Berlin sehr gut gemacht. Ich bin gespannt und sehr optimistisch, weil die Jungs aus der zweite  Reihe mit den Füßen scharren, da wir zuletzt wenig gewechselt haben. Die, die jetzt in die Mannschaft rücken, kommen in ein stabiles Konstrukt. Auch, wenn es ein, zwei Wechsel mehr sind als wir uns vorgestellt haben. Ich bin davon überzeugt, dass sie sehr gute Leistungen zeigen werden. Es gibt nichts Besseres, als Montagabend am Millerntor auflaufen zu dürfen. Wir sind weit davon weg zu sagen, dass wir dort nichts holen werden.“

…seine Rolle als Zuschauer:

Meyer: “Wir sind zurzeit in einer Verfassung, sowohl in der Mannschaft, als auch was die Zusammenarbeit im Trainer-Team angeht, in der wir uns großes Vertrauen aufgebaut, klare Abläufe haben und uns aufeinander verlassen können. Für den Gesamtverlauf bin ich relativ unbesorgt. Die Jungs werden einen sehr guten Job machen. Mit Thomas Stickroth und Ronny Teuber haben wir zwei sehr erfahrene Trainer mit im Trainer-Team. Da mache ich mir wenige Gedanken, weil die Beiden alles gesehen und viel erlebt haben. Wir arbeiten sehr vertrauensvoll miteinander. Dementsprechend ist die Kommunikation mit der Mannschaft und am Spielfeldrand gegeben. Ich persönliche fühle mich durch die Abstinenz weiter weg von dem Team und ein bisschen hilflos. Ich werde sicherlich während des Spiels Kommunikation zur Bank haben, das ist so vorbesprochen. Ich werde die Kollegen aber nicht 90 Minuten besprechen, sondern für Rückfragen zur Verfügung stehen oder Dinge übermitteln, die mir auffallen.“

…die Veränderungen zum Hinspiel:

Meyer: “Ein bisschen kann man es schon vergleichen. Wir waren beide damals in einer ganz schlechten Phase. Es war ein Duell zwischen zwei Mannschaften, die völlig aus dem Tritt geraten sind und bei denen gar nichts lief. Wir konnten uns damals in einem sehr umkämpften Fußballspiel durchsetzen. Das war in der Phase extrem wichtig und St. Pauli natürlich zurückgeworfen hat. Mittlerweile haben beide Mannschaften die Kurve bekommen. Unsere Serie ist, gemessen an unseren Ansprüchen und unserer Kaderqualität, nicht zu verachten. Der FCSP hat da natürlich ganz andere Voraussetzungen, aber sie haben es auch geschafft. Sie sind zwar schneller in die Spur gekommen als wir, aber ich denke, dass am Montag grundsätzlich zwei formstarke Teams aufeinander treffen. Im Hinspiel waren es noch zwei formschwache Mannschaften. St. Pauli hat dieses Mal den Heimvorteil, aber wir nehmen gerne dasselbe Ergebnis wieder.“

…die Probleme mit den abgesagten Testspielen:

Meyer: “Wir haben durch die abgesagten Testspiele Möglichkeiten verloren, verschiedene Variationen gegen einen externen Gegner auszuprobieren. Es ist gestern im Training dann einfach Elf-gegen-Elf gespielt worden, sodass wir dabei unterschiedlichste Personalkonstellationen und Gedankenspiele testen konnten. Wir konnten uns selber ein Bild machen und haben natürlich auch Rückmeldungen von den Spielern bekommen, wie sich das angefühlt hat und wie zurechtgekommen sind. Wir sind jetzt dadurch im Bild klarer und versuchen, die bevorzugte Idee umzusetzen, zu stabilisieren und Abläufe einzuarbeiten. Den erfolgreichen Nachweis müssen wir am Montag liefern. Wir sind aber zuversichtlich.“

…die Alternativen für die Abwehr:

Meyer: “Benny Kessel kommt für beide Konstellationen in Frage, sowohl als Innen- als auch Außenverteidiger. Wir haben im Testspiel auch Alternativen mit Patrick Kammerbauer und Iba May auf der Außenposition probiert, dann kann Benny Kessel die Rolle des Innenverteidigers einnehmen. Das Problem war, dass er beim Union-Spiel nicht mitwirken konnte. Nach dem er lange verletzt war, fehlt ihm jetzt so ein bisschen die Spielpraxis. Momentan ist das für uns noch ein Fragezeichen. Wir können zudem aber auch mit Nico Klaß als Innenverteidiger spielen, das bietet sich an. Er hat sich mittlerweile auf der Außenverteidigerposition auf dem Zweitliganiveau etabliert und da wäre es der nächste Schritt, ihn auf seine Stammposition zurück zu setzen. Robin Ziegele hat ebenfalls eine gute Partie gegen die Berliner gemacht und ich traue ihm jetzt zu, in diesem stabileren Konstrukt auch seine Leistungen wieder stabiler abzurufen. Auch Felix Burmeister ist fit und hat im Testspiel auf dem Rasen gestanden. Klar ist es unangenehm, wenn du in der Verteidigung basteln musst, aber wir haben Optionen und sind in der Hinsicht entspannt.“

…Martin Kobylanski und Suleiman Abdullahi:

Meyer: “Aus meiner Sicht ist es uns gelungen, sie über die Länderspielpause wieder näher an die Mannschaft heranzuführen. Das haben sie gegen Union schon angedeutet und das war im Training gestern zu sehen. Besonders Manni hat im gestrigen Training eine Klarheit und einen großen Aktionsradius auf dem Feld gezeigt, das ist sicherlich eine Option. Man muss aber auch auf Marcel Bär und Yari Otto schauen, die bisher immer in der Rolle der Herausforderer waren. Beide melden natürlich momentan auch Ansprüche an. Dadurch, dass Fabio nicht spielen kann ist ein Platz frei. Bei einem Ausfall von Ji öffnen sich einige Möglichkeiten. Die Rolle von ihm kann auch Martin Kobylanski spielen. Das haben wir gegen Union schon ausprobiert. Insgesamt sind ja noch ein paar Tage zu gehen. Die letzte Entscheidung würde ich da im Zweifel auch den Kollegen überlassen, die jetzt jeden Tag auf dem Trainingsplatz stehen und die Situation besser wahrnehmen können. Wir tauschen uns aus, aber auch in diesem Bereich haben wir einige Alternativen auf dem Zettel.“

…die Reise nach Hamburg:

Meyer: “Es war von Anfang an geplant, dass wir am Spieltag erst anreisen. Wir spielen am Montag ja erst spät und die Anfahrt ist überschaubar. Die Jungs werden Montag nochmal anschwitzen und dann mit dem Bus hinfahren. Nach dem Mittagessen geht’s in das Tageshotel, dass sich die Mannschaft nochmal ein bisschen zurückziehen kann. Danach geht es dann irgendwann in den Spielablauf. Bei uns sind die Hygiene-Regeln ganz klar und auch die Hotels wissen natürlich Bescheid, weil es dann auch immer dieselben sind, die die Mannschaften beherbergen. Fakt ist, dass alle Beteiligten noch mehr sensibilisiert sind und bis dahin natürlich auch nochmal durch die engmaschige Testung gehen.“

Foto: Nina Stiller