Danke, Jasi!
250 Spiele, 22.300 Minuten, 73 Mal ohne Gegentor für die Löwen - Keeper beendet seine Karriere
Juli 2007. Die Eintracht startete in die neue Saison. Am ersten Spieltag der Regionalliga Nord ging es gegen die Kickers aus Emden. In der Spielzeit zuvor stiegen die Blau-Gelben aus der 2. Bundesliga ab, da halfen auch fünf verschiedene Trainer nichts. Nun sollte der Neuanfang folgen und einer war da ganz vorne mit dabei. Die Nachfolge des langjährigen Keepers Thorsten Stuckmann sollte ein 19-jähriger Bosnier antreten, der leihweise von der SpVgg Greuther Fürth kam und auf den Namen Jasmin Fejzic hörte.
Trainer Benno Möhlmann warf den jungen Schlussmann direkt ins kalte Wasser. Zuvor hatte dieser in der Oberliga Bayern zwischen den Pfosten gestanden, beim Kleeblatt somit eher in der zweiten Mannschaft agiert. Doch Möhlmann, der zuvor in Fürth Chef-Coach war, hatte Fejzic auf dem Radar. Nun sollte er gemeinsam mit der Eintracht die Qualifikation für die eingleisige 3. Liga klarmachen. Dass dieser Keeper ein Kämpfer war, sah man schon damals auf dem Feld. Fejzic stammt aus Bosnien-Herzegowina, aufgewachsen in der Nähe der kleinen Stadt Živinice, im Osten des Landes. Mitten im Bürgerkrieg brach der damals Fünfjährige mit seiner Mutter Zineta und dem älteren Bruder Suad auf, floh vor den Bomben und der Waffengewalt in seinem Heimatland. Sein Vater Ibrahim Fejzic war erst wenige Monate in Deutschland, als er seine Familie zu sich holte, wo sie in Baden-Württemberg ein neues Zuhause finden und Jasmin den Fußball lieben lernen sollte. Auf dem Bolzplatz wurde er immer als erstes gewählt. Seine Trainer in seinem Jugendverein förderten ihn, seine ersten Schritte wagte er noch beim TSV Eltingen, ehe es ihn zu den Stuttgarter Kickers zog. Mit der Unterstützung seiner Familie blieb Fejzic dran und überzeugte die Spielvereinigung aus Mittelfranken. Dort warfen ihn schwere Verletzungen jedoch zurück, das Kreuzband wurde in Mitleidenschaft gezogen, doch Möhlmann glaubte an den Torhüter und nahm ihn mit nach Braunschweig. Dort sollte sie beginnen, die Liebe zum roten Löwen und der Eintracht und die damit wohl prägendste Zeit seiner Spielerkarriere.
Leihe, Comeback…
Nach 14 Minuten musste Jasi bei seinem Debüt im blau-gelben Tor gleich mal das Leder aus den Maschen holen. Tom Moosmayer traf für die Kickers, es sollte auch der Endstand bleiben. Neun Mal durfte sich der großgewachsene Torwart insgesamt versuchen, dann entschied sich sein Trainer doch für den Konkurrenten Adrian Horn und machte Fejzic zur Nummer zwei, weitere Einsätze in der Saison 2007/2008 blieben aus. Erst als Torsten Lieberknecht übernahm kehrte Fejzic zurück ins Gehäuse der Löwen, machte 32 Spiele in der ersten Saison der 3. Liga und blieb neun Mal ohne Gegentreffer. Doch die Leihe endete 2009, ungeachtet dessen, dass Jasi eigentlich nicht gehen wollte. Die Fürther holten den Bosnier nach Beendigung des Leihvertrages zurück an den Ronhof, über den VfR Aalen fand der Keeper 2015 den Weg Jahre später dennoch zurück an die Oker. Trainer Lieberknecht hatte Fejzic nicht vergessen. Zwischenzeitlich war er sogar WM-Teilnehmer für Bosnien und reiste 2014 gemeinsam mit seinen Landsmännern nach Brasilien. Nachdem es Eintrachts Stammtorhüter Rafał Gikiewicz im Sommer des folgenden Jahres zum SC Freiburg zog, übernahm der 1,98 Meter große Keeper für den Polen. Was folgte, war eine Bilderbuch-Saison. Vier Mal stand der Braunschweiger Schlussmann in der „Elf des Tages“ des Kicker-Magazins, mit überragenden Leistungen wie gegen den VfL Bochum oder den SV Sandhausen verhalf der heute 37-Jährige den Blau-Gelben zur Teilnahme an der Aufstiegs-Relegation, spielte wieder elf Mal zu Null. Dass es nur ein Jahr darauf in die 3. Liga gehen sollte, damit konnte keiner rechnen, auch Fejzic nicht.
…und nochmal Comeback!
Nach der verlorenen Aufstiegs-Relegation gegen den VfL Wolfsburg im Sommer 2017 folgte eine Horrorsaison, an dessen Ende der bittere wie überraschende Abstieg in die 3. Liga stand. Und Fejzic? Er musste für den blau-gelben Neuaufbau gehen und wechselte zum 1. FC Magdeburg an die Elbe. Allerdings nur für ein halbes Jahr, dann kehrte der ehemalige Nationalspieler schon wieder zurück. Das zweite Comeback war perfekt, auch wenn dem Schlussmann die wohl größte sportliche Herausforderung ins Haus stand. Die Eintracht war abgeschlagenes Schlusslicht, der Neuaufbau funktionierte überhaupt nicht. Mit einem umfangreich veränderten Kader mit deutlich mehr Erfahrung sollte in der Rückrunde der Spielzeit 2018/2019 doch noch der Klassenerhalt gelingen. Gemeinsam mit Trainer Andre Schubert sicherten er und seine Teamkameraden in einem Herzschlagfinale doch noch die Klasse und retteten die Eintracht vor dem Absturz in den Amateurfußball. Schubert blieb nicht an der Hamburger Straße, aber auch unter Neu-Coach Christian Flüthmann setzte sich Fejzic durch und festigte seine Position als klare Nummer eins. Unter Marco Antwerpen jedoch veränderte sich die Rolle für den Torhüter, Marcel Engelhardt erhielt den Vorzug und Jasi musste nach Knieproblemen im Endspurt der Saison wieder auf der Bank Platz nehmen. Der Aufstieg verhindert eine Rückkehr ins Tor, der neue Chef-Trainer Daniel Meyer setzte ebenfalls zunächst nicht auf ihn. Doch nach zehn Spieltagen übernahm der Bosnier wieder das Ruder, wie immer in seiner gewohnten Art als Lautsprecher und Motivator auf dem Feld. Dass es am Ende nicht für den Klassenerhalt reichte und der bittere Gang in die Drittklassigkeit angetreten werden musste, sorgte für pure Enttäuschung. Doch Fejzic blieb, verlängerte sogar nochmal seinen Vertrag um zwei Jahre. Mit dem Karriereende hatte er sich schon beschäftigt, doch als das Angebot kam, war die Antwort klar. Auch Michael Schiele vertraute auf den erfahrenen Routinier, machte ihn zudem zum Kapitän. In der 3. Liga verpasste Fejzic dann nur ein Spiel, jedoch lediglich das nach dem Aufstieg sportlich unbedeutende Saisonfinale gegen Viktoria Köln. Zuvor ließ er in 36 Partien nur 35 Tore zu und hielt 15-mal seinen Kasten komplett sauber. Unter anderem seine Paraden sorgten dafür, dass am Ende der Spielzeit der direkte Wiederaufstieg gefeiert werden konnte. Die vielen Auf und Abs fanden auch in seiner letzten Saison keine Ruhe. Zwar musste der Keeper gegen Ende seinen Stammplatz an Ron-Thorben Hoffmann abgeben, doch unter dem Strich standen neben 23 Einsätzen in der Liga auch der langersehnte Derbysieg und der immens wichtige Klassenerhalt zur Buche.
Danke!
Über die vergangenen 16 Jahre lassen sich 250 Auftritte mit dem roten Löwen auf der Brust verzeichnen. Aufstiege und Abstiege, Derbysiege und schmerzhafte Niederlagen, Traumparaden und sportliche Schwächephasen. Seinen Charakter hat er nie verloren, genauso wenig seinen Ehrgeiz und seine Liebe zur Eintracht. Wir danken Dir für all die Jahre, die Treue und deinen unvergleichlichen Willen und Einsatz auf dem grünen Rasen. Einmal Löwe, immer Löwe. Danke, Jasi!
Fotos: Eintracht, Agentur Hübner, GES-Sportfoto, imago