Meyer: "Frank Schmidt hat seine DNA dort hinterlassen"

Pressekonferenz vor dem Ligaauftakt beim 1. FC Heidenheim

Nach dem Pflichtspielauftakt der Löwen im DFB-Pokal gegen Hertha BSC Berlin startet kommenden Sonntag auch die 2. Bundesliga in die neue Spielzeit. Auf der Pressekonferenz vor dem Auftakt beim 1. FC Heidenheim sprachen Chef-Trainer Daniel Meyer und Dominik Wydra über…

…das Personal:

Meyer: “Der eine oder andere Spieler hatte in den vergangenen Tagen Erkältungssymptome, zwei hat es etwas heftiger erwischt, sodass wir erst am Donnerstag wieder komplett das Mannschaftstraining absolvieren konnten. Matthias Heiland konnte nach seinem Muskelfaserriss immer noch nicht am Training teilnehmen, wir rechnen nächste Woche mit einem Wiedereinstieg. Er hat dadurch natürlich die komplette Vorbereitung verpasst. Bei Patrick Kammerbauer ist die Verletzung am Arm nochmal untersucht worden. Es wurde ein Riss einer Sehne im Ellenbogen diagnostiziert. Er muss das Ellenbogengelenk über eine Spezialschiene stilllegen. Er kann damit trainieren, wird aber die nächsten zwei bis drei Wochen keine Spiele bestreiten und uns wahrscheinlich erst nach der Länderspielpause wieder zur Verfügung stehen können. Alle anderen sollten einsatzfähig sein.“

…die Analyse nach dem Hertha-Spiel:

Meyer: “Wir hatten teilweise Probleme mit den Abläufen hinter unseren äußeren Mittelfeldspielern und im Verschieben der Dreierkette. Wir haben in der Videoanalyse viele Szenen gefunden, wo wir das sehr gut gemacht haben, aber es gab eben auch einige Situationen, wo nach Positionswechseln die Rollenverteilung nicht ganz klar war. Aber das sind Dinge, über die wir gesprochen haben und die sich auch einschleifen müssen, was in der aktuellen Phase relativ normal ist. Es gibt noch ein paar Sachen in unserer Spielidee, die noch nicht ganz ausgegoren sind. Zudem haben wir einige falsche Entscheidungen getroffen. Wir legen aber immer den Finger in die Wunde, um einfach die Denkmuster anzugleichen und die Entscheidungsprozesse in die richtige Richtung zu lenken. Vor zwei, drei Wochen haben wir begonnen, in Wiederholungsschleifen zu denken und versucht keine neuen Inhalte mehr zu platzieren. Im Moment geht es um maximale Stabilität. Wir beschäftigen uns mit vielen Details, um einfach besser zu werden.“

Wydra: “Wir haben gegen Hertha gemerkt, dass die Abläufe immer mehr greifen und wie das System funktioniert, sodass wir es ändern können, wenn es drauf ankommt. In Heidenheim wird uns grundsätzlich ein anderes Spiel erwarten. Ich habe dort schon oft gespielt. Heidenheim ist immer ein ekliger Gegner, wo jeder Spieler an seine maximale Grenze gehen muss. Ansonsten wird man dort keine Chance haben.“

…die Trainingswoche:

Meyer: “Das Pokalspiel ist mittlerweile abgehakt. Wir haben die positive Grundstimmung mit in die Woche genommen. Wir haben aber auch, dass haben wir nach dem Hertha-Spiel betont, ein paar Hausaufgaben mitgenommen. Wir waren uns schnell klar, dass da nicht alles optimal lief. In einer langen Trainingswoche nach dem Spiel am Freitagabend hatten wir genug Zeit, an den Dingen zu arbeiten, die dort auffällig waren und uns gewissenhaft auf Heidenheim vorzubereiten.“

Wydra: “Die ersten Tage nach dem Erfolg gegen Berlin waren natürlich schön. Wir hatten zwei Tage frei und konnten den Kopf etwas frei bekommen. Die ersten Minuten nach Spielende am Freitag waren natürlich schön, vor allem für mich. Im letzten Jahr habe ich viele negative Punkte erlebt, stand wenig auf dem Rasen.“

…die Rolle von Dominik Wydra als zentraler Abwehrspieler und wer sein Idol auf dieser Position ist:

Wydra: “Schwierig – ich spiele noch nicht so lange auf dieser Position, dass mich andere mit wem verglichen haben. Einige sagen ab und zu Beckenbauer zu mir und machen sich ein bisschen lustig drüber. Aus dem modernen Fußball würde mir spontan keiner einfallen, bei dem ich sagen kann, dass ich so wie er spielen wollen würde. Kevin Vogt hat das bei Hoffenheim eine Zeit lang ganz gut gemacht. Ich würde nicht zehn Mal pro Halbzeit im gegnerischen Fünfer auftauchen, aber ich versuche schon – vor allem was den Ballbesitz und das Ballbesitzspiel angeht – dass ich mich in den Zonen hinter den Stürmern zeige. So kann ich von dort den Spielaufbau weiterführen, falls die gegnerischen Angreifer mal nicht aufgepasst haben sollten. Wenn Spielsituationen entstehen, bei denen ich sehe, dass ich Raum hab und nach vorne gehen kann, dann werde ich das natürlich versuchen. Ich habe trotzdem immer im Auge, dass die Defensive meine Hauptaufgabe ist – von daher ist es situationsabhängig.“

Meyer: “Wir wollen es in Zukunft schaffen, viele Situationen spielerisch aufzulösen. Bisher sieht man das in Phasen. Alles, was bei uns außerhalb der Statik läuft – also, situativ zu entscheiden, andere Räume zu finden und auf Anlaufbewegungen des Gegners zu reagieren – stärkt unser Spiel. Wir wollen genau diesen Mut und diese Idee, Dinge nach vorne zu tragen und nicht nur quer zu spielen, umsetzen. Deswegen hat er grundsätzlich meine volle Unterstützung und es war für uns wichtig, dass Dominik zu uns kommt.

…die Rückkehr von Fans im Stadion:

Meyer: “Wir haben immer betont, dass Fußball ohne Fans gefühlt eine andere Sportart ist. Auf diesem Niveau ist das ein völlig anderes Gefühl. Es war vergangene Woche überraschend gut. Im Normalfall würde man bei 500 Zuschauern als Geisterkulisse sprechen. Trotzdem war es schön überhaupt einmal eine Rückkopplung zu bekommen für das, was auf dem Platz passiert. Wir sind total froh, dass Teile der Fans wieder dazu kommen können. Trotzdem ist schon ein bisschen Wehmut dabei, weil die Stimmung am vergangenen Freitag gegen Hertha eine andere Dimension gehabt hätte, wenn das Stadion voll gewesen wäre. Für uns, aber auch für die Fans, die es vermissen ins Stadion zu gehen, und die so ein Spiel natürlich auch lieber live erlebt hätten. Deswegen kann man nur hoffen, dass die Konzepte funktionieren und nach und nach mehr Zuschauer in die Stadien kommen können.“

Wydra: “Als Spieler freut man sich jedes Mal, wenn Zuschauer im Stadion sind. Das ist einer der Hauptgründe warum man Fußball spielt. Die Emotionen sind dann ganz andere. Grundsätzlich freue ich mich darauf, wenn das erste Spiel wieder ausverkauft sein wird.“

…Frank Schmidt:

Meyer: “Wir haben vor vielen Jahren zusammen die A-Lizenz gemacht. Die Konstellation in Heidenheim ist ein Stück weit romantisch. Frank Schmidt coacht dort seit 13 Jahren, zudem kommt er auch aus Heidenheim und trainiert seinen Heimatverein, den er aus der Oberliga in die 2. Bundesliga geführt hat. Frank hat sehr, sehr gute Arbeit dort geleistet, seine Handschrift ist zu erkennen. Es sind immer Mannschaften, die unangenehm zu bespielen sind, die sehr physisch spielen und eine klare Linie haben. Er hat seine DNA dort hinterlassen. Heidenheim und Frank sind das Paradebeispiel, dass Kontinuität ein wichtiger Faktor im Fußball ist.“

…den kommenden Gegner:

Meyer: “Da Frank schon lange dort ist, hat man schon ein ziemlich genaues Bild vor Augen, unabhängig von den personellen Veränderungen, die es in der Mannschaft gegeben hat. Wir haben die Jungs auf die Variationen, die in den Testspielen zu sehen waren, vorbereitet. Wir wollen eine Antwort parat haben, wenn Dinge nicht wie geplant funktionieren. Das haben wir uns erarbeitet. Es war gut, dass wir eine lange Trainingswoche hatten und uns auf ein, zwei Szenarien vorbereiten konnten. Es ist bekannt, dass Heidenheim ein paar wichtige Spieler verloren hat. Dementsprechend sind sie auch im Findungsprozess. Man wird sehen, wer das Kommando übernimmt.“

Wydra: “Die Pokalniederlage vom FCH würde ich nicht zu hoch ansetzen, da der Ligaalltag mit der Begegnung am Sonntag los geht. Sie werden genauso fokussiert sein. Frank Schmidt schafft es jedes Mal, dass seine Mannschaft hundert Prozent auf den Platz bringt, was man letzte Saison mit dem dritten Platz auch gesehen hat. Es wird ein sehr harter Kampf, es wird viel über die Körperlichkeit laufen. Heidenheim hat viele Spieler, die über enormes Laufpensum verfügen. Uns wird alles abverlangt werden. Wir werden einen guten Plan brauchen, den wir auch haben.“

Die Fanfragen:

Kevin K.: Habt ihr schon einen Lieblingsplatz in Braunschweig?

Wydra: “Ich bisher noch nicht wirklich Zeit gehabt, weil ich in den letzten Wochen mit dem Umzug beschäftigt war. Wir waren auf jeden Fall schon im Prinzen- und im Bürgerpark. Mit unserer Tochter und dem Hund sind wir gerne draußen unterwegs. Daher denke ich, was Braunschweig angeht, dann eher die Grünflächen unsere Lieblingsorte sein werden.“

Meyer: “Ich habe mich noch nicht festgelegt, welcher mein Lieblingsplatz ist. Ich habe schon ein paar Restaurants ausprobiert und bin viel unterwegs gewesen. Auch wenn die Freizeit knapp bemessen ist, versuche ich, mir einen Überblick von der Stadt zu verschaffen und immer Neues kennen zu lernen – man könnte also sagen, ich bin noch in der Findungsphase.“

Nico: Gibt es für Talente wie Otto, Bürger oder Kupusovic überhaupt eine Chance, zu regelmäßigen Einsätzen zu kommen?

Meyer: “Ja, natürlich. Talententwicklung funktioniert am besten, wenn die Struktur in der Mannschaft gut ist und wenn neue Spieler in ein funktionierendes Gebilde kommen. Genau das suchen wir momentan noch. In der ersten Phase der Saison ist dies sicherlich nicht so einfach, weil wir versuchen, uns selber zu finden. Wenn die Formationen und die Abläufe aber sitzen und wir ein paar Erfolgserlebnisse geholt haben, ist es einfacher für die Jungs, Einsatzzeiten zu bekommen.  Das Leistungsprinzip gilt natürlich trotzdem. Wer mich kennt, weiß, dass ich keine Schmerzen habe, junge Spieler einzusetzen.“

Foto: Agentur Hübner