Meyer: "Das Team versucht immer alles und kann sich wehren"

Pressekonferenz vor der Begegnung in Darmstadt

Bevor die Löwen am Freitagabend gegen den SV Darmstadt (Anstoß 18:30 Uhr, die Partie könnt ihr im Liveticker und im Fanradio verfolgen) wieder gefordert werden, sprachen Chef-Trainer Daniel Meyer und Mittelfeldstratege Felix Kroos auf der Pressekonferenz vor dem Duell über...

...das Personal:

Meyer: "Wir bleiben dabei, dass wir keine Gründe für die Ausfälle nennen. Gegen Darmstadt werden Niko Kijewski, Suleiman Abdullahi, Leon Bürger, Iba May und Nico Klaß nicht dabei sein. Martin Kobylanski steht zwar wieder zur Verfügung und ist eine Option für den Kader. Für einen Startelfeinsatz kommt die Partie jedoch zu früh, er war ja schließlich dreieinhalb Wochen raus."

...die Niederlage gegen den KSC:

Meyer: “Ich fand es nach dem Spiel wichtig, den Finger in die Wunde zu legen. Wenn man das Spiel anschaut, dann sieht man, dass die Gegentore maximal unglücklich sind. Beim abgefälschten Schuss, den wir vielleicht noch klären könnten und dem perfekt getretenen Freistoß. Trotzdem muss man sehen, dass das Verhältnis zwischen den absolvierten Partien und den Gegentoren einfach schlecht ist. Nach acht Partien müssen wir den Fokus auf die Abwehr legen. Mir war es wichtig, dass wir das klar ansprechen. Das war auch der Fokus für die Trainingswoche. Wir werden auch in Zukunft die individuellen Fehler nicht sofort abstellen können. Aber wir können eine Sensibilität entwickeln, sich untereinander besser abzusichern. Am Ende verlieren wir Spiele, weil wir zu viele Gegentore kriegen.“

...die bisherige Defensivleistung:

Meyer: “Was bei den Gegentoren erkennbar ist, ist, dass wir eine gewisse Sorglosigkeit in solchen Situationen haben, die in beide Richtungen gehen können. Wir sichern uns gegenseitig nicht gut ab und gehen einige Wege nicht. Die Kommunikation ist auch nicht immer optimal. In Drucksituationen versuchen wir schwierige Bälle in den eigenen Reihen zu halten, anstatt das Leder auch mal ins Aus zu schlagen und die Situation zu löschen. Es sind viele Kleinigkeiten, die sich summieren. Wir wollten von allen Spielern ein anderes Verantwortungsbewusstsein und wollen anders präsent sein. Wir versuchen Ruhe, Gelassenheit und Überzeugung auszustrahlen, weil das der einzige Weg ist die wilde Fahrt zu beenden. Wir sind ein ganz normaler Aufsteiger, der sich für seine Vergangenheit nichts kaufen kann. Wir müssen immer daran denken, wo wir herkommen. In der Marktwerttabelle sind wir Vorletzter. Wir haben eine Mannschaft, die immer gezeigt hat, dass sie sich nie hat gehen lassen. Das Team versucht immer alles und kann sich wehren.“

...die Kritik von Außen:

Meyer: “In den sozialen Medien gibt es eine Wellenbewegung was die Meinungen angeht. Wenn wir gewinnen, sind wir die Größten. Wenn wir verlieren heißt es, dass der Trainer gehen muss und die Mannschaft oder einzelne Spieler werden durchbeleidigt. Dann werden sich immer bestimmte Spieler ausgeguckt. Felix Dornebusch hat in der vergangenen Begegnung keinen Fehler gemacht. Die entscheidende Sache ist doch: Wenn man sich mal in die Haut oder den Kopf des Spielers versetzt. Wenn er jedes Mal liest, dass sein Kopf gefordert wird oder verbal auf ihn eingeprügelt wird. Die Frage ist, ob das produktiv ist, wenn wir uns untereinander zerfleischen und versuchen eigene Spieler zu destabilisieren, indem wir sie beleidigen oder sie als Sündenbock hervorgeholt werden. Die Frage ist, was man damit bezweckt. Ich glaube, so kommen wir am Ende nicht weiter. Das ist nicht die Unterstützung, die die Jungs brauchen. Wir haben immer gesagt, dass wir viele Spieler haben, die das erste Mal auf dem Niveau spielen und Erfahrungen sammeln müssen, die auch Fehler machen. Ich habe vor dem ersten Pflichtspiel gesagt, dass wir das gemeinsam aushalten müssen, weil der Weg einfach alternativlos ist. Wir können nicht durch die Gegend fahren und eine erfahrene Zweitligamannschaft zusammenkaufen. Und wenn die Fehler dann passieren, wird auf die Jungs eingedroschen. Das ist ein Lernprozess, der uns wehtut, weil wir dadurch Spiele verlieren. Wir wollen das als Mannschaft und als Gruppe auffangen. Wir werden niemals jemanden an den Pranger stellen. Das wird es hier nicht geben. Wir sehen uns als extrem stabile Gruppe und schotten uns auch ab. Trotzdem bekommt man sowas halt mit. Es gibt einige Parolen, die den Verein ausmachen. Wir sind Eintracht, Eintracht Braunschweig. Diese Eintracht kann ich manchmal nicht sehen, was die Unterstützung bei solchen Themen angeht. Wir haben vom ersten Tag gesagt, es wird eine knüppelharte Saison, weil wir Aufsteiger sind und uns bis zum letzten Spieltag mit allem, was wir haben, behaupten müssen. Nach jeder Niederlage wird dann auf gewisse Leute eingedroschen. Dafür fehlt mir ein bisschen das Verständnis.“

...die Zielsetzung der laufenden Spielzeit:

Meyer: “Unsere Zielvorsetzung sieht ein Punkt pro Partie vor. Auf der Vorgabe sind wir aktuell mit acht Punkten aus acht Spielen genau drauf. Wir gehen davon aus, dass wir im Laufe der Zeit immer besser werden, weil die Automatismen greifen und die Mannschaft sich immer mehr gefunden hat. 34 Zählern sind am Ende der Saison natürlich eng. Wenn man aber davon ausgeht, dass man noch etwas drauflegen kann, dann sind wir auf einem realistischen Weg. Es gibt keinen Grund Panik zu machen. Die 2. Bundesliga ist extrem eng. Mir war es wichtig, dass wir mit den Verantwortlichen im Club und der Mannschaft eine Orientierungsgröße finden. Dennoch sind wir nicht zufrieden, weil wir das Gefühl haben, dass mehr drin gewesen wäre.“

...das Jahr 2020 für Felix Kroos:

Kroos: “Es war ein verrücktes Jahr für jeden. Es war für mich das erste Mal, dass ich im Sommer für zwei Monate bei keinem Verein unter Vertrag stand. Das war eine komische Situation, aber auch gar nicht schlimm. Ich hatte mit der Geburt meiner Tochter eine positive Ablenkung. Ich hatte auch das erste Mal das Gefühl in meiner Profikarriere eine gewisse Freiheit zu haben, nicht irgendwo unter Vertrag zu sein. Nach den zwei Monaten wollte ich aber wieder in einem Team sein und das Gefühl haben gebraucht zu werden. Ich war froh, dass der Wechsel nach Braunschweig dann geklappt hat.“

...den kommenden Gegner:

Meyer: “Darmstadt hat einige Parallelen zu uns. Es ist eine Mannschaft, die grundsätzlich Ballbesitzfußball spielen will. Markus Anfang steht für eine klare Idee. Ich gehe davon aus, dass der SVD im 4-1-4-1-System bleiben will, weil sie am Anfang eine stringente Idee entwickeln möchten. Auch Darmstadt ist in einem Entwicklungsprozess, weil der Trainer erst seit dem Sommer da ist. Die vergangenen beiden Partien waren sicherlich Rückschläge, wenn man sich die Schlagzeilen angeschaut hat, wurde dort etwas Alarm geschlagen. Die Lilien haben eine gute Qualität in der Mannschaft, sie verfügen über gute Einzelspieler, die sehr erfahren sind und schon einige Jahre in der 2. Bundesliga spielen. Beide Mannschaften werden am Freitag darum ringen, wenig zuzulassen und ihr Spiel durchzubringen. Es ist eine sehr interessante Ausgangssituation und es wird sicherlich eine spannende Begegnung.“

Kroos: “Es wird wieder ein enges Spiel werden, wo Kleinigkeiten über Sieg und Niederlage entscheiden werden. Wir werden sicherlich den Fokus etwas mehr auf die Defensive legen, dürfen dabei auch nicht die Offensive außer Acht lassen. Es wäre schön, wenn wir mal in Führung gehen könnten. Das würde uns dann das nötige Selbstvertrauen geben. Wir müssen wieder an unser Limit gehen. Dann haben wir gegen jeden Gegner eine Chance.“

Fanfragen:

Kevin K. möchte wissen, ob erfahrene Spieler wie Benny Kessel und Felix Burmeister eine Option für die zuletzt unsichere Abwehr wären.

Meyer: “Es gibt immer unterschiedliche Faktoren, die eine Rolle spielen können. Sicherlich ist es ein Gedankengang von uns, ob der Faktor Erfahrung uns in diesem Fall helfen kann. Das ist sicherlich eine Überlegung wert. Wir haben in der ersten Phase der Trainingswoche unterschiedliche Personalkonstellationen ausprobiert. Wir schauen uns einige Dinge an und versuchen herauszufinden, wer in dieser Phase den größten Mehrwert für uns hat. Ich glaube schon, dass die Jungs gerade spüren, dass der Kampf um die Startelfplätze aktuell offener ist. Wir spüren die andere Dynamik im Training. Die Jungs wittern ihre Chance eine Möglichkeit zu ergreifen in der Startelf aufzulaufen. Am Ende muss es aber auch für das Anforderungsprofil gegen Darmstadt passen.“

Die Blau-Gelbe-Familie will von Felix Kroos wissen, wie es zu der Entscheidung kam nach Braunschweig zu wechseln und welchen Einfluss sein älterer Bruder Toni dabei hatte.

Kroos: “Mein Bruder hatte keinen Einfluss. Für mich war immer klar, dass ich zu einem Verein will, wo eine gewisse Tradition da ist und eine gewisse Power hinter dem Club steht, auch im Umfeld. Außerdem war das Potenzial für die Zukunft mir wichtig. Alle diese Merkmale sind hier bei der Eintracht gegeben. Deswegen war die Entscheidung für mich relativ leicht. Ich bin gerne hier und hab es bis heute noch nicht bereut.“

Philipp fragt: Gegen Karlsruhe hast du fast dein Debüt-Tor für die Eintracht erzielt. Lediglich das Lattenkreuz stand dir dabei im Weg. Kurz darauf ist das 1:3 gefallen. Wie lange wurmt einen das?

Kroos: “Wenn man am Ende das Spiel verliert ist es natürlich noch ärgerlicher. Natürlich spielt man auch Fußball um Tore zu schießen, auch wenn das nicht mein Hauptaugenmerk ist. Es ist ärgerlich, wenn es so knapp ist. Dennoch kann ich das doch relativ gut abhaken. Trotzdem war der Freistoß ganz gut geschossen. Ich hoffe, dass das Debüt-Tor nicht mehr lange auf sich warten lässt.“

Foto: Agentur Hübner